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Anklage: HIV-Infizierter soll mehrere Jungen missbraucht haben

Anklage wegen Menschenhandels: Ein Mann vermittelte seine Opfer auch an Freier und bot einen Jugendlichen im Internet an.

Die Bar warb mit Ambiente im orientalischen Stil. Es gab Sofas, Rattantische und Wasserpfeifen. Doch im „Jayson’s“, einer sogenannten Shisha-Bar in der Kreuzberger Eisenbahnstraße, die in der Umgebung als Jugendtreffpunkt galt, soll es noch einen ganz anderen „Geschäftszweig“ gegeben haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass in der Bar minderjährige Jungen sexuell missbraucht und an Freier vermittelt wurden. Einer der mutmaßlichen Täter steht seit gestern vor Gericht.

Frank R., ein gelernter Industriekaufmann, ist HIV-positiv. Drei Jungen soll er durch ungeschützten Sex gefährdet und einen 16-Jährigen an mehrere Männer vermittelt haben. Als er im Juni verhaftet wurde, schwieg er. Auch im Prozess um Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Missbrauch und versuchte Körperverletzung verweigerte er zunächst die Aussage. Er wollte erst hören, was einer der jugendlichen Zeugen zu sagen hat. Als Ronny (Name geändert) schließlich über ihre Bekanntschaft sprach, saß der 42-jährige Mann mit Brille und Mittelscheitel weit vorgebeugt auf der Anklagebank.

In den Sommerferien 2007 hatte der heute 17-jährige Ronny nach eigenen Angaben Frank R. kennengelernt. Im „Jayson’s“ habe R. ihn angesprochen. „Als wir dann zu ihm gingen, ahnte ich, worum es gehen könnte“, meinte der Schüler. Zwischen 100 und 150 Euro habe er erhalten. „Als er fragte, ob ich noch mehr damit verdienen wollte, stimmte ich zu.“ In Anzeigen im Internet sei er von R. als „Paul, 18 Jahre alt“ angeboten worden. Es seien nach seiner Erinnerung 20 bis 30 Kunden gewesen. Spendable Freier hätten bis zu 200 Euro gegeben. Die Anklage geht davon aus, dass R. davon mindestens ein Drittel kassierte. Man habe sich aber stets geeinigt, sagte der Zeuge.

Es waren langwierige Ermittlungen, die zur Festnahme des Angeklagten Frank R. führten. Sie begannen mit der Anzeige eines Nachbarn. Er wandte sich im Sommer 2007 an die Polizei, weil er sich über die Jungen und Männer, die bei H. ständig ein- und ausgingen, sehr wunderte. Die Spuren führten auch zu der Kreuzberger Bar, die schließlich im Januar durchsucht wurde. Im Juni klickten dann die Handschellen. R. und auch der zwei Jahre jüngere Markus E., Betreiber der Bar, wurden verhaftet. Sie sollen sich gegenüber Jungen als Werbefotografen ausgegeben und diese damit angelockt haben, dass gutes Geld zu verdienen sei.

Auch gegen Markus E. ist inzwischen Anklage erhoben worden. Beide Männer sind einschlägig vorbestraft. Für Frank R. sagte sein Anwalt: „Manche Dinge, die ihm angelastet werden, stimmen einfach nicht.“ Die mutmaßlichen Opfer waren alle beim Aids-Test. Keiner soll sich infiziert haben. Der Prozess geht morgen weiter.

Kerstin Gehrke

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