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Berlin: Kriminalität in der Krise

Laut Polizeistatistik geht die Zahl der meisten Straftaten zurück. Der Innensenator sagt: "Berlin ist sicherer geworden“ - CDU und Polizeigewerkschaft sprechen vom Gegenteil. Denn im vergangenen Jahr kam die Berliner Polizei mangels Personal auf weniger Einsätze als noch 2007.

Kaum eine Statistik ruft ein derart unterschiedliches Echo hervor wie die jährliche Kriminalstatistik. „Berlin ist sicherer geworden“, verkündete Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern ein weiteres Mal im Abgeordnetenhaus. „Berlin bleibt gefährlich“, hieß es – wie in den Vorjahren auch – bei CDU und Polizeigewerkschaften. Gestritten wird vor allem über Straftaten, die gar nicht in die Statistik eingingen, weil keine Anzeige erstattet wurde oder weil die Polizei weniger kontrolliert. So begründen Opposition und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die deutlichen Rückgänge zum Beispiel bei Rauschgift- oder Umweltdelikten mit der aus Personalmangel gesunkenen Zahl entsprechender Einsätze. Polizeipräsident Dieter Glietsch verwies darauf, dass bei Umweltdelikten die Polizei von anderen Ämtern abhängig sei.

Auch in anderen Deliktsfeldern gab es zum Teil erstaunliche Erklärungen für stark gesunkene oder gestiegene Zahlen. So wurde die Zunahme der Fälle von häuslicher Gewalt um 24 Prozent mit der intensiven Arbeit von Opferschutzverbänden und der gesteigerten Sensibilisierung von Polizisten begründet. Sprich: Frauen trauen sich jetzt öfter, Anzeige zu erstatten. Die Zunahme beim sexuellen Missbrauch von Kindern um 7,6 Prozent sei auf das Großverfahren „Himmel“ zurückzuführen, das im vergangenen Jahr bearbeitet wurde.

Da häufig die Zahlen bei einzelnen Delikten von Jahr zu Jahr stark schwanken, legte Körting gestern Vergleiche zwischen 2000 und 2008 vor (siehe Grafik). Vor allem in den als bedrohlich empfundenen Straftaten – Raub, Mord, Einbruch – gab es deutliche Rückgänge. Gestiegen ist im Langzeitvergleich die Zahl der Fahrraddiebstähle – weil immer mehr Berliner Rad fahren, wie Glietsch sagte. Körting forderte Radfahrer auf, sich mehr Gedanken um bessere Schlösser zu machen. Zudem kritisierte er die S-Bahn, die teilweise den Bau sicherer Abstellbügel verhindere.

Dass mit technischen Sicherungen die Fallzahlen gesenkt werden können, zeigt der Autodiebstahl. Die Zahl halbierte sich zwischen 2000 und 2008. Dass auch Täter technisch immer perfekter werden, lässt bei Computertaten die Zahlen regelrecht explodieren. Im Jahr 2000 gelang es Kriminellen nur 24 Mal, die Geheimnummer von EC-Karten beim Geldabheben zu erspähen – zuletzt gab es 474 Taten. Der „Warenbetrug“ stieg von 618 Fällen auf 10 512. Körting kommentierte diese Zahlen damit, dass Betrug im Internet zu leicht gemacht werde.

Dagegen hat die Kriminalität insgesamt abgenommen. 482 765 Straftaten wurden 2008 registriert, im Jahr 2000 waren es noch 557 000. „Der leichte Rückgang der Zahlen ist vornehmlich durch einen Rückgang der Polizeipräsenz und damit der polizeilichen Kontrolle zu erklären“, teilte die CDU mit. Die Aufklärungsquote blieb in dieser Zeit nahezu konstant bei knapp 50 Prozent. „Für Millionenstädte ein hervorragender Wert“, lobte Körting. Am höchsten ist die Aufklärungsquote bei den schlimmsten Straftaten: Bei den 44 Morden im vergangenen Jahr wurden in 42 Fällen die Täter gefasst.

Auch die Zahl jugendlicher Straftäter ist um 8,2 Prozent zurückgegangen. Wurden 2000 noch mehr als 41 500 Tatverdächtige unter 21 Jahren ermittelt, waren es 2008 nur noch knapp 32 000. „Die Zahlen beweisen, dass die populistische These, dass die Jugend immer krimineller werde, nicht stimmt“, sagte Körting. Letztlich sei die Jugendkriminalität sogar seit 1990 zurückgegangen.

Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität registrierte die Polizei einen Rückgang um 8,6 Prozent zu 2007. Ha

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