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Das Containerdorf in Berlin-Marzahn am Blumberger Damm war Ziel eines Brandanschlags.

© imago/Christian Mang

Update

Berlin-Marzahn: Erneut Brandanschlag auf Flüchtlingsheim

Mehrere improvisierte Fackeln wurden in der Nacht zu Freitag auf das Gelände des Containerdorfs am Blumberger Damm in Marzahn geworfen. Es kam niemand zu Schaden. Drei Verdächtige wurden festgenommen.

Über den Zaun der Flüchtlingsunterkunft im Blumberger Damm in Marzahn wurden in der Nacht zu Freitag insgesamt neun brennende Holzlatten geworfen. Nach Tagesspiegel-Informationen waren die Holzlatten mit einem Lappen und einer brennbaren Flüssigkeit zu Fackeln improvisiert worden. Kurz vor Mitternacht bemerkte ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, dass sich etwa fünf dunkel gekleidete Personen der Unterkunft näherten. Als der Wachmann die Gruppe anschrie, warfen die Personen die improvisierten Fackeln über den Zaun der Unterkunft und flüchteten.

Die brennenden Holzstücke fielen etwa zehn Meter vor dem Gebäude auf die Rasenfläche und wurden dort von einem Sicherheitsmann mit Wasser aus einem Gartenschlauch gelöscht. Verletzt wurde niemand, auch Sachschaden entstand nicht.

Drei Tatverdächtige gefasst

Alarmierte Polizeikräfte nahmen in der Nähe drei Tatverdächtige fest. Die zwei 21 und 25 Jahre alten Männer und die 41-jährige Frau wurden dem Polizeilichen Staatsschutz übergeben. Unklar ist, ob es sich bei den Verdächtigen um bekannte Rechtsextremisten handelt: "Aus ermittlungstaktischen Gründen machen wir keine Angaben zu den Verdächtigen", sagte ein Sprecher der Polizei.

Die Verdächtigen würden sich aber am Freitagmittag weiter in Polizeigewahrsam befinden, so der Sprecher weiter. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der versuchten schweren Brandstiftung dauern an. Auf schwere Brandstiftung steht eine Freiheitsstraße von mindestens einem Jahr; in weniger schweren Fällen beläuft sich das Mindeststrafmaß auf sechs Monate.

Innensenator Henkel: Täter wollen "Klima der Angst" erzeugen

Stefan Komoß, Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, verurteilte den Brandanschlag. "Es ist unmenschlich, Menschen in Fluchtsituationen zu verfolgen und zu verängstigen. Es ist unsere Aufgabe, den Flüchtlingen eine sichere Aufnahme und einen ungestörten Aufenthalt während ihres Asylverfahrens zu gewährleisten", erklärte Komoß in einer auf der Internetseite des Bezirksamts veröffentlichten Stellungnahme.

Auch die Senatoren Mario Czaja und Frank Henkel (beide CDU) verurteilten die Tat. Czaja nannte sie "feige und menschenverachtend" und kündigte für den Freitagnachmittag einen Besuch im Containerdorf an. Henkel nannte die Tat "niederträchtig" und "widerwärtig". Der Innensenator warf den Tätern vor, ein "Klima der Angst" erzeugen zu wollen.

Das Flüchtlingsheim am Blumberger Damm ist eines der Containerdörfer, die in diesem Jahr wegen der steigenden Zahl von Flüchtlingen errichtet wurden. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales wurde das Containerdorf Mitte Juli eröffnet und ist mit 400 Flüchtlingen voll belegt. Eine Sprecherin sprach von einer "furchtbaren Aktion, Menschen derart in Angst und Schrecken zu versetzen."

Flüchtlinge berichten von "ständigen Provokationen"

Betrieben wird das Containerdorf von der Prisod GmbH. Eine Sprecherin sagte, dass der Brandanschlag "leider nicht der einzige Vorfall" seit Eröffnung des Heims gewesen sei. Es habe einen tätlichen Angriff auf Bewohner des Heims gegeben, außerdem würden die Flüchtlinge von "ständigen Provokationen" jenseits der Zäune des Heims berichten. Als das Heim am 10. Juli zu einem "Tag der offenen Tür" lud, hatte es im Anschluss eine Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingsaktivisten und rechten Demonstranten gegeben.

Nach Auskunft der Sprecherin wurde das Containerdorf in den ersten zwei Wochen nach der Eröffnung von der Polizei bewacht. Ende Juli habe sich die Lage am Containerdorf aber soweit beruhigt, dass die Polizei das Gelände nur noch im Rahmen von Streifenfahrten ansteuerte. Außerdem werde das Heim rund um die Uhr von sechs Sicherheitsleuten beschützt. Trotz des Brandanschlags sei die Stimmung im Heim am Freitagmittag ruhig gewesen, sagte die Sprecherin.

Im Winter gab es massive Proteste gegen das Heim

Nachdem die Pläne zur Errichtung des Containerdorfs im vergangenen Winter bekannt wurden, hatte die rechtspopulistische "Bürgerbewegung Marzahn-Hellersdorf" zahlreiche Protestveranstaltungen gegen das Heim initiiert. Teilweise zogen bis zu tausend Menschen unter dem Motto "Nein zum Containerdorf" durch das Viertel, darunter auch bekannte Rechtsextremisten. Auch linke Gegendemonstranten fuhren nach Marzahn, um für die Flüchtlinge und gegen Rassismus einzutreten. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen Linken und Rechten. Die Proteste waren im Frühjahr mangels Zuspruch aus der Bevölkerung verflacht.

Zweiter Brandanschlag in Bayern

Die Serie von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte reißt auch außerhalb von Berlin nicht ab. In der Nacht zu Freitag ereignete sich ein weiterer Brandanschlag, Ziel war eine Asylbewerberunterkunft in Bayern: Unbekannte zündeten eine ehemalige Gaststätte in Neustadt an der Waldnaab an. Sie wird seit zwei Jahren als Flüchtlingsheim genutzt. 

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