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Ermittlungen: Schuss auf Kriminellen war nicht gerechtfertigt

Mehrere Male schoss ein Berliner Polizist auf einen seit langem gesuchten Kriminellen und tötete ihn. Nach bisherigen Einschätzungen der Ermittler war der tödliche Schuss auf den unbewaffneten Straftäter in Schönfließ aber durch nichts gerechtfertigt.

"Gutachten haben bestätigt, dass der erste, tödliche Schuss aus kurzer Distanz abgegeben wurde", sagte die Neuruppiner Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper. Der mit Haftbefehl gesuchte Intensivtäter Dennis J. - auf sein Konto gingen fast 160 Straftaten von Einbruch bis zu gefährlicher Körperverletzung - wurde am Silvesterabend 2008 durch den Schuss in die Brust getötet. Gegen den Beamten wird wegen des Verdachts des Totschlags ermittelt.

Nach dem tödlichen Schuss soll er noch siebenmal auf den 26-Jährigen gefeuert haben. "Sechs der Schüsse zielten nicht auf den Körper", sagte Lodenkämper, die einen Bericht der "Märkischen Allgemeinen" bestätigte. Zu der achten Kugel wollte sie sich nicht äußern. "In der Gesamtbewertung sind die Gutachten belastend." Wie wahrscheinlich nun eine Anklage gegen den zur Tatzeit 34-Jährigen ist, wollte die Oberstaatsanwältin aber nicht sagen.

Im Visier der Staatsanwaltschaft stehen auch zwei Kollegen des Mannes. "Die Ermittlungen gegen sie zum Verdacht der versuchten Strafvereitelung dauern ebenfalls noch an", sagte Lodenkämper. Beide wollen am Tatort nichts gehört oder gesehen haben.

Die Berliner Beamten hatten am Silvesterabend 2008 einen Tipp bekommen, dass sich der gesuchte Dennis J. in Schönfließ aufhält. Schon zweimal war der 26-Jährige aus Neukölln den Fahndern entwischt. Einmal besprühte er einen Beamten mit Pfefferspray, ein anderes Mal raste er in einer Hollywood-reifen Verfolgungsjagd quer durch Berlin und wurde schließlich gestoppt. Deswegen wurde er nach Angaben der Staatsanwaltschaft zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt, doch die Haftstrafe trat er nicht an. Die Fahndung nach ihm endete erst am Silvesterabend.

Das Szenario, wie es die Gutachten jetzt zeichnen: Während Dennis J. am Steuer seines Wagens in einer Parkbucht auf seine Freundin wartete, feuerte der Berliner Polizist "ohne Rechtsgrundlage" aus nächster Distanz, wie Lodenkämper sagte. Der Schuss war tödlich, der 26-Jährige aber nicht sofort handlungsunfähig. Er versuchte noch mit dem Wagen zu flüchten, der Berliner Beamte schoss weiter. In einer Pressekonferenz nach dem Vorfall hieß es: "Bis das Magazin leer war."

Die Hintergründe des Geschehens sind bis heute unklar. Im Raum steht Rache als Motiv - der Polizist sei sauer gewesen, dass ihm der Straftäter schon zweimal entwischt war, hieß es in Medien. Kein Kommentar, so die Staatsanwaltschaft. Der Polizist selbst schweigt bisher zu den Vorwürfen. Lodenkämper rechnet nicht vor September mit dem Abschluss der Ermittlungen.

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