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Fahndung: Hunderte Polizisten jagen den Rudower Bombenleger

Berlin erlebt die größte Fahndung seitdem Kaufhaus-Erpresser "Dagobert" Anfang der 90er Jahre die Polizei narrte. Das schwerverletzte Mädchen wurde am Montag erneut operiert.

Die Jagd nach dem Rudower Bombenleger hat sich zur größten Aktion der Berliner Polizei seit Jahren ausgeweitet. „Das hatten wir in diesem Umfang seit der Fahndung nach Kaufhauserpresser Dagobert nicht mehr“, sagte Chefermittler Ingo Kexel von der 2. Mordkommission. Der flüchtige Bombenbauer hält mittlerweile hunderte Beamte aus zahlreichen Dienststellen in Atem.

Seit Mittwoch voriger Woche sucht die Polizei den 32-jährigen Peter John wegen zweifachen versuchten Mordes. Er hatte zwei Sprengbomben bei seiner ihm verhassten Familie deponiert. Eine davon detonierte und verletzte seine zwölfjährige Nichte Charlyn lebensgefährlich. Das Kind wurde am Montag im Unfallkrankenhaus Marzahn erneut operiert. Chefarzt Andreas Eisenschenk schätzte die Chance, dass der Arm gerettet werden kann, nun auf 60 Prozent ein.

Die Ermittler gehen davon aus, dass John weiter im Besitz selbst gebauter Bomben ist – und diese auch zünden wird. „Der wird sich nicht freiwillig festnehmen lassen“, sagt Ermittler Kexel, „da bin ich mir ganz sicher.“  Eine Beurteilung der Persönlichkeit habe ergeben, dass John die Jagd auf ihn möglicherweise „spannend“ finde und mit der Polizei „spielen“ werde. Dies erinnert wieder an „Dagobert“, der sich Anfang der 90er Jahre in Berlin ein Katz-und-Maus-Spiel bei der Geldübergabe geliefert hatte – und unter anderem in einer Kaufhausfiliale eine Bombe legte.

Jeder Berliner Polizist kennt mittlerweile das Foto des Flüchtigen. Hunderte Polizisten sind im Einsatz: bei der Mordkommission, bei den Zielfahndern, beim Spezialeinsatzkommando (SEK), bei der Spurensicherung und der Kriminaltechnik. Die Kosten des Einsatzes seien nicht annähernd abzuschätzen.

Weil John als sehr gefährlich gilt, wird jedes Mal ein riesiger Apparat in Bewegung gesetzt, wenn Zeugen den Flüchtigen gesehen haben wollen. In der Nacht zu Montag und am Montagmorgen rückten Spezialeinheiten seinetwegen zwei Mal aus. Zunächst wurde er in einer Wohnung in der Friedrichshainer Colbe straße vermutet, gegen 6 Uhr meldete dann eine Zeugin, dass sich John in der Milastraße in Prenzlauer Berg an einem Auto zu schaffen machte. Da Zivilbeamte die Beobachtung bestätigten, gingen SEK- Teams, Präzisionsschützen und sicherheitshalber sogar ein Notarztwagen in Stellung. Als der Verdächtige losfahren wollte, wurde er überwältigt. Aber John war’s nicht. Hinterher sprach die Polizei von einer „verblüffenden Ähnlichkeit“.

Dabei gehen die Beamten davon aus, dass John sein Aussehen mittlerweile verändert hat. Seine große Lust an Verkleidungen sei bekannt. Unabhängig davon attestieren die Ermittler dem Flüchtigen eine sehr hohe Intelligenz – weil er sich schon so lange einer „derart intensiven Fahndung entzieht“. Zudem hat John keine taktischen Fehler begangen. Er hat kein Telefon dabei, das sich orten ließe, hieß es. Dennoch ist sich die Kripo sicher, dass John noch in Berlin ist. Den Grund für diese Annahme verschwieg sie – aus taktischen Gründen.

John gilt als Einzelgänger. Zuvor fiel er bereits etwa 50 Mal durch Straftaten auf, überwiegend Einbrüche und Sachbeschädigungen. Drei Mal saß er in Berliner Gefängnissen: in der Jugendstrafanstalt, in Tegel und – bis zum Jahr 2000 – in Charlottenburg. Aus dieser Zeit dürfte er viele Kontakte haben, hieß es.

Die Bombenwerkstatt des Mannes hat die Polizei nicht gefunden. Sie weiß auch noch nichts über seine Kenntnisse oder technische Ausstattung. Sicher ist, dass sich die Sprengfallen nicht mal eben so am Schreibtisch bauen lassen.

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