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Lia

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Fahrradunfall: Gedenken an die kleine Lia

Wo die Radfahrerin überrollt wurde, liegen Blumen und Fotos. Nach dem 14. Todesfall eines Fahrradfahrers in Berlin werden Forderungen nach mehr Verkehrserziehung und Radwegen laut.

Zwei Tage nachdem die zwölfjährige Lia mit ihrem Fahrrad von einem Lkw überrollt wurde, herrscht noch immer Fassungslosigkeit im Spandauer Ortsteil Staaken. Der Unfallort am Nennhauser Damm ist zu einer Gedenkstätte geworden. Schulkameraden, Freunde und Bekannte des Mädchens legen Blumen, Kerzen, Stofftiere, Briefe und Fotos nieder.

Gestern Mittag: Wieder ist Schulschluss in Staaken. Hunderte Kinder strömen nach Hause – viele sind mit dem Fahrrad unterwegs. Zur gleichen Zeit donnern riesige Lastzüge die Straße entlang. Der erst kürzlich ausgebaute Straßenzug Brunsbütteler/Nennhauser Damm ist eine beliebte Abkürzung auf dem Weg zwischen dem Berliner Ring und der Innenstadt. Fast jeder, der vorbeikommt, bleibt am Unfallort stehen. Viele Jugendliche und Erwachsene haben Tränen in den Augen. Eine junge Frau bindet einen Trauerflor um den Laternenpfahl, ein Paar legt eine Blume ab. Ein paar Meter entfernt hupt ein Lastwagenfahrer erbost, weil der Pkw vor ihm nicht schnell genug Gas gibt. „Dies ist ein Schulweg, hier haben Lkw nichts verloren“, hat eine Frau auf einen Zettel geschrieben. Die Mutter von vier Kindern fordert unterschiedliche Grünphasen für Fußgänger und Abbieger.

Erst vor kurzem wurde die Kreuzung umgebaut

„Wir sind geschockt, die ganze Schulgemeinschaft ist betroffen“, sagt die Leiterin der Louise-Schröder-Hauptschule, Angela Köhler-Mannhardt. Im Unterricht gebe es kein anderes Thema. Rund 80 Jungen und Mädchen nahmen am Dienstag an einer Gedenkfeier teil.

Die Kreuzung wurde erst vor wenigen Monaten nach modernsten Gesichtspunkten umgebaut. Die Radwege haben einen roten Belag und sind zusätzlich durch weiße Linien markiert. Warum der abbiegende Lkw-Fahrer das Mädchen übersehen hat, wo genau mit seinem Rad langfuhr, ist noch unklar. Laut Polizei haben sich inzwischen Unfallzeugen gemeldet, weitere Angaben wurden nicht gemacht. Die Schulleiterin hält eine Ausweitung des rund 30 Meter vor der Kreuzung beginnenden Halteverbotes wegen der besseren Sicht auf den Radweg für sinnvoll. Dahinter parkten im Brunsbütteler Damm zum Unfallzeitpunkt Lastwagen.

Der Lkw war in Ordnung

Der Lkw war nach Polizeiangaben ordnungsgemäß ausgestattet. Weitwinkel-Zusatzspiegel sind seit Jahresbeginn zunächst nur für neu zugelassene Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Pflicht, ab 2000 gebaute Lastwagen müssen bis 2009 nachgerüstet werden. Kein Zwang besteht für zusätzliche rechte Außenspiegel wie den Dobli- Spiegel – viele Lkw haben so etwas freiwillig installiert, der Unfall-Lkw besaß ihn nicht. Dennoch hat etwa die Berliner Stadtreinigung ihre gesamte Lkw-Flotte damit ausstatten lassen. Und die BVG ließ, obwohl die Busse den Fahrern den Blick über die rechte Schulter ermöglichen, an bestimmten Modellen Zusatzspiegel und Kameras installieren.

Die Zahl der getöteten Radfahrer ist mit dem Unfall von sieben im Jahr 2005 auf bereits 14 in diesem Jahr gestiegen, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Claudia Hämmerling. Der Senat müsse dem zunehmenden Radverkehr eine höhere Priorität einräumen, um besonders Kinder vor schweren Verletzungen zu schützen. Wo keine eigene Radspur vorhanden sei, dürfe die Höchstgeschwindigkeit Tempo 30 nicht überschreiten. Autofahrer sollten vor dem Abbiegen grundsätzlich anhalten müssen, um sich zu vergewissern, dass die Straße frei ist. Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) sprach sich gestern im Abgeordnetenhaus für mehr Verkehrsunterricht an Schulen und in Kindergärten aus. Schon in der Grundschule müssten Kinder lernen, eigenständig und altersgemäß auf Verkehrssicherheit zu achten.

Der bei einem Unfall in Mitte vor zwei Wochen am Kopf schwer verletzte Radfahrer ist am Donnerstag gestorben.

Rainer W. During

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