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Fall Amani: Keine Tatwaffe, kein Motiv

Morgen beginnt der Prozess gegen die Mutter des achtjährigen Mädchens. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Mord aus Heimtücke vor. Doch längst sind nicht alle Fragen in dem Fall beantwortet.

Im vermutlich spannendsten Prozess dieses Jahres geht es ab morgen vor allem um eine Frage: Gefängnis oder Psychiatrie? Ist die wegen Mordes an ihrem einzigen Kind angeklagte Teshua K. schuldfähig – oder ist sie es nicht?

Die Tat hatte im vergangenen Sommer Berlin erschüttert. Am einem sonnigen Vormittag fand eine Spaziergängerin in einem kleinen Wilmersdorfer Park ein verblutendes achtjähriges Mädchen. Dem dunkelhäutigen Kind war die Kehle durchgeschnitten worden, die Staatsanwaltschaft wählte damals die Formulierung „mit massiver Gewalt gegen den Hals“ getötet. Stunde um Stunde wartete die Polizei am Tag des Verbrechens darauf, dass sich eine Mutter melden würde, die ihr Kind vermisst.

Stattdessen meldete sich am nächsten Tag der Vater, er hatte das Foto seiner Tochter in allen Zeitungen gesehen. Ab diesem Moment war die Mutter unter Verdacht – denn sie war weg, spurlos verschwunden. Teshua K. wohnte damals seit einigen Wochen in einem Heim für Obdachlose, wenige hundert Meter vom Tatort entfernt. Erst etwa 36 Stunden nach der Tat meldete sich von dort ein Nachbar bei der Kripo – die Mutter sei wieder da. Minuten später ließ sie sich widerstandslos festnehmen. Bei ihrer ersten Vernehmung schwieg die aus dem westafrikanischen Staat Elfenbeinküste stammende Frau. Doch Blutspuren an ihrer Kleidung belasteten sie, und ihr Ex-Mann belastete sie ebenfalls. Seit dem 7. Mai sitzt die 33-Jährige nun hinter Gittern. Dort soll sie wirre Dinge von sich gegeben haben, berichten Boulevardzeitungen, von „Voodoo- Wahn“ war zu lesen, von „Geistern“ und einer Verfolgung durch die CIA. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu in den vergangenen Monaten nicht, war am Wochenende nicht für Nachfragen erreichbar.

Auf der Internet-Seite der Hamburger Polizei ist sie noch heute auf einem Fahndungsfoto mit einem langen, weiß-wallenden Umhang zu sehen. Diesen soll sie bei der Tat angehabt haben, diesen soll sie auch in Hamburg getragen haben, wo sie nach der Tat für etwa 24 Stunden war. Was sie dort wollte? Die Ermittler wissen es nicht.

Verschwunden sind weiterhin die Tatwaffe und das Fahrrad des kleinen Mädchens, auf dem sie an ihrem letzten Tag noch gesehen worden war. Bemerkenswert ist das, weil eine Hundertschaft der Polizei zwischen Tatort und Wohnheim „jeden Stein umgedreht“ hatte, wie es ein Polizeisprecher damals formulierte. Doch an dem dringenden Tatverdacht änderte dies nichts. Der Haftbefehl lautete auf „Mord aus Heimtücke“.

Dass Amani auf der Bank im Wilmersdorfer Park nicht von einem Fremden erstochen wurde, war der Polizei schnell klar. Kein Unbekannter hätte das Kind auf einem Parkweg ermordet, auf dem alle paar Minuten ein Jogger oder ein Hundehalter vorbeikommen. Wie es in der Prozessvorschau der Justiz heißt, hatte sich das Mädchen arglos mit der Mutter „auf der Parkbank niedergelassen“. Möglicherweise, so ist zu hören, wird die Öffentlichkeit bei der Aussage der Mutter vom Prozess ausgeschlossen.

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