zum Hauptinhalt
Das Helios-Klinikum in Buch.

© promo

Update

Helios-Klinikum: Mehrere Kinder missbraucht - Klinikum kündigt Konsequenzen an

Ein Pfleger soll sich auf Intensivstation des Helios-Klinikum an mehreren Jungen vergangen haben. Am Dienstag versuchte der sich in U-Haft das Leben zu nehmen. Das Klinikum hat Konsequenzen angekündigt.

Ein Pfleger soll sich im Helios-Klinikum Buch an Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren vergangen haben. Der 27-Jährige habe auf der Kinderintensivstation nach bisherigen Stand mindestens zwei Jungen zum Teil schwer sexuell missbraucht, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Der Verdächtige sitzt seit vergangenem Freitag in Untersuchungshaft. Am Dienstag hatte er versucht sich umzubringen, es bestehe aber keine Lebensgefahr. Bei dem Pfleger seien Handyfilmaufnahmen von Taten gefunden worden.

Ein mutmaßlich betroffener Neunjähriger hatte sich vergangene Woche seinen Eltern anvertraut, die daraufhin Anzeige erstatteten. Die Ermittlungen sind nicht abgeschlossen, Beamte sprechen von bis zu fünf betroffenen Opfern. Der Kinderpfleger arbeitete seit Oktober vergangenen Jahren auf der Kinderintensivstation. Wann genau er die Taten begangen haben soll, war nicht zu erfahren. Insgesamt könnte er sich an 67 Kindern vergangen haben, so viele Jungen seien seitdem auf der Station gewesen, sagte der Regionalgeschäftsführer von Helios, Armin Engel. Derzeit würden alle potenziell betroffenen Familien angeschrieben.

Unterdessen hat die Geschäftsführung des Helios-Klinikums Konsequenzen angekündigt. Geschäftsführer Christian Straub sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dapd, man habe Kontakt zu zwei externen Organisationen aufgenommen, die sich professionell mit der Beratung und Begleitung sexuell missbrauchter Kinder und deren Eltern beschäftigen. „Wir erhoffen uns davon die Inspiration und Information, die wir brauchen, um hier mehr Sicherheit zu gewinnen.“ Zudem würden die internen Abläufe hinterfragt, ebenso die Organisationsstrukturen und der Ausbildungsstand der Mitarbeiter. Zur Frage, ob man mit weiteren Missbrauchsfällen rechnen müsse, sagte Straub: „Das können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantworten und das ist auch nicht unsere Aufgabe.“

Wie andere Pfleger auch habe der Verdächtige üblicherweise Medikamente verabreicht, Patienten gewaschen und gefüttert. Zuvor sei er in der hausinternen Schule ausgebildet worden und habe dabei alle Bereiche der Klinik durchlaufen, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums, Josef Zacher. Man stehe bei der Aufarbeitung am Anfang und wolle externe Experten hinzuziehen. Wie es zu den Taten habe kommen können, sei unklar, schließlich arbeiteten in jeder der drei Schichten zehn Kollegen gleichzeitig auf der Kinderintensivstation, davon drei Ärzte, hieß es aus der Klinik. Die Patienten seien zwischen einem und 16 Jahren alt und lägen in fünf Zimmern mit insgesamt elf Betten. Ob während des Zeitraums, in dem der Verdächtige in der Klinik arbeitete, Zimmer womöglich einzeln belegt gewesen seien, wolle man prüfen. Eigentlich stünden die Zimmertüren immer offen. Weder Pflegern noch Ärzten sei der Mann jemals auffällig geworden.

Polizisten wollten den Verdächtigen am Freitag zum Schichtende im Krankenhaus festnehmen, er war jedoch schon auf dem Heimweg von der Nachtschicht. Beamte durchsuchten seinen Dienstschrank, erst an diesem Tag hatte die Klinik von den Vorwürfen erfahren. Dem 27-Jährigen habe man per Einschreiben sofort gekündigt und Hausverbot erteilt.

In diesem Jahr ist ein Pfleger der Charité zu zwei Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, der Mann musste je 5000 Euro Schmerzensgeld an zwei junge Frauen zahlen. Auf dem Steglitzer Campus der Universitätsklinik war er in der Psychiatrie tätig und hatte dort mindestens zwei Patientinnen sexuell missbraucht. Dem Angeklagten habe die Erfahrung mit psychisch Kranken und damit die professionelle Distanz gefehlt, erklärte der Richter. Der Pfleger hatte seinem Anwalt zufolge nicht gewusst, dass er die Frauen zwinge. Die Charité habe fälschlicherweise einen unerfahrenen Pfleger eingesetzt, so das Gericht. Der Mann war zur ersten Tat zwei Monate in der Einrichtung und hatte keine Psychiatrieausbildung.

Michael Krenz, der Präsident der Psychotherapeutenkammer Berlin, sagte dem Tagesspiegel: „Für Pädophile können Einrichtungen, in denen jüngere oder schwächere Menschen von ihnen abhängig sind, besonders attraktiv sein.“ Dass sie ihre Taten filmten, sei nicht ungewöhnlich, das Dokumentieren könne genauso zur krankhaften Neigung gehören wie das Nacherlebenwollen. Sollten es bei psychotherapeutischen Sitzungen zu verdächtigen Vorkommnissen kommen, könnten sich Betroffene auch anonym an die Ombudsstelle der Kammer wenden.

Für Eltern hat das Helios-Klinikum unter der Telefonnummer 940154444 zwischen 8 und 20 Uhr eine Hotline eingerichtet. Die Polizei ist dazu von 8 bis 15 Uhr unter 4664 913100 zu erreichen.

Zur Startseite