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Das Rockermilieu macht der Polizei bundesweit zu schaffen.

© dpa

Hells Angels: Rockermord: Verdächtiger stellt sich

Er soll seinen früheren Clubkameraden Michael B. auf offener Straße erschossen haben, jetzt hat sich der Berliner Hells Angel Oliver G. der Polizei gestellt. Ein Jahr hatte die Polizei nach ihm gefahndet.

Ja, er ist es. Ja, er hat sich freiwillig gestellt. Und ja, die Fahnder wussten fast ein Jahr lang nicht, wo er steckte. Soweit die Staatsanwaltschaft Berlin am Mittwoch. Dass der seit 2009 gesuchte Rocker Oliver G. aus dem Nichts auftauchte, und sich am Montag bei der Polizei gemeldet hat, dürfte die Fahnder im Landeskriminalamt freuen. Der 31-jährige Hells Angel wird verdächtigt, seinen früheren Vereinskameraden Michael B. erschossen zu haben. In einer Augustnacht 2009 trafen Pistolenkugeln den 33-jährigen Kampfsportler in Wartenberg, außerdem wurde auf ihn eingestochen. Ein Kleinbus raste nach der Tat davon. Michael B. schleppte sich blutend 200 Meter, bis er neben seinem Wohnblock liegen blieb und im Krankenwagen starb. Der Schwergewichtler habe die Hells Angels verlassen wollen und sich mit den konkurrierenden Bandidos getroffen, hieß es. Und das in einer Zeit, in der es bei Rockerkämpfen innerhalb weniger Monate bundesweit drei Tote gab.

Am Mittwoch sagte Hells-Angels-Sprecher Rudolf „Django“ T. dem Tagesspiegel: „Der Erschossene war gar nicht mehr Mitglied der Bruderschaft.“ War er schon rausgeflogen, ganz ohne Selbstjustiz der Clubbrüder? Oder nie wirklich dabei? Beamte sagen, Michael B. habe dem Ost-Berliner Charter – also der örtlichen Dependance der Angels – bis kurz vor der Tat nahe gestanden. So zeigte er sich mit führenden Mitgliedern der „Nomads“, den lokalen Höllenengeln mit Vereinssitz in Hohenschönhausen, bei Gerichtsterminen. Doch laut Landeskriminalamt wollte er sich lösen. Die Ermittlungen gegen Oliver G. halten Rocker „für einen Witz“, auch weil ihr Mann offiziell nicht wegen des erschossenen Ex-Kameraden gesucht wurde, sondern wegen unerlaubten Waffenbesitzes.

Gerüstbauer G. gilt zwar als Hauptverdächtiger in dem Mordfall, „dringender Tatverdacht“ bestehe aber nicht, sagte Justizsprecher Martin Steltner. Kurz nach der Blutnacht von Wartenberg sprachen einige von Fememord, denn gerade bei den gut organisierten Rockerclubs Hells Angels und Bandidos seien Aussteiger selten – und ungern gesehen. Kripogewerkschaft und Innenpolitiker warnten vor „Eskalation im Rockerkrieg“, bei Razzien wurden Macheten, gelegentlich Pistolen und Munition gefunden. Anfang dieses Jahres forderten Sicherheitsexperten ein Verbot von Bandidos und Hells Angels. Sie sprachen von blutigen Revierkämpfen im Rotlichtmilieu. Tatsächlich versuchen sich Rocker oft als Türsteher lukrativer Diskotheken – auch weil sie als Einlasser bestimmen, welche Geschäfte dahinter stattfinden. Die Polizei spricht von Schutzgeld, auch von Drogen und Waffen. Ein Schwerpunkt sei Berlin. Knapp 800 Rocker gebe es hier: In den vergangenen fünf Jahren habe es mehr als 100 Haftbefehle im Milieu gegeben, bei Razzien seien Drogen im Wert von einer Millionen Euro, zudem 450 000 Euro in bar beschlagnahmt worden.

Die Bundesspitzen von Hells Angels und Bandidos hatten sich im Juni in Hannover getroffen und ein Abkommen unterzeichnet. Darin heißt es, Städten, in denen einer der beiden Clubs vorherrscht, bleiben Mitglieder des traditionell gegnerischen Vereins fern. Da Bandidos und Hells Angels in Berlin residieren, gestaltet sich das schwierig. Aus der Senatsinnenverwaltung heißt es, das Abkommen sei eine „reine PR-Veranstaltung“. Erst kürzlich gerieten in Neukölln türkische Hells Angels mit Bandidos-Anhängern aneinander. Rudolf „Django“ T. sagte dazu: „Schlägereien passieren, das liegt in der menschlichen Natur, aber richtig passiert, ist seit Hannover nichts.“

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