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Justiz: Prozess um Auto-Zündelei geplatzt

Nachdem ein LKA-Gutachter den Angeklagten stark entlastet hatte, kam Christoph T. wieder frei. Bei einer Neuauflage des Prozesses um mutmaßliche Auto-Zündelei soll ein BKA-Experte gehört werden.

Von Frank Jansen

Die Zeichen standen auf Freispruch. Die Ankläger, die auf eine harte Strafe gegen den mutmaßlichen Autozündler Christoph T. (23) gehofft hatten, traten deshalb auf die Bremse. Scharf kritisierten sie gestern das Gutachten eines Chemikers vom Landeskriminalamt (LKA) und sorgten dafür, dass der Prozess platzte. Auf ihren Antrag soll sich ein weiterer Experte mit der Auswertung von Brandschutt und den gefundenen Substanzen an Händen und Bekleidung von T. befassen.

Christoph T. saß drei Monate in Haft. Er soll am 17. Juni 2009 in Friedrichshain mit einem Komplizen einen Brandanschlag auf einen VW Passat verübt haben. Lampenöl könnte im Spiel gewesen sein, glauben die Ermittler. Bei T. fand man „Anhaftungen“, die diesen Verdacht erhärteten. Doch nachdem ein LKA-Gutachter den Angeklagten am Dienstag stark entlastet hatte, kam T. wieder frei. „Eine Verurteilung ist derzeit unwahrscheinlich“, befand das Gericht.

Die Staatsanwaltschaft fuhr nun schwere Geschütze gegen den Chemiker vom LKA auf. Sein Gutachten enthalte „Widersprüche zu seinen früheren Äußerungen in diesem Verfahren“. Er sei von „unzutreffenden Voraussetzungen“ ausgegangen. Er habe zum Teil „einseitig interpretiert“. Die Richter entschieden: „Die Aufklärungspflicht gebietet es, weiteren Sachverstand einzuholen.“ Einen Termin für einen Neustart des Prozesses gibt es noch nicht. Christoph T. wird in Freiheit darauf warten.

Alexandra R. hingegen, die Angeklagte im anderen Prozess zu einer Autozündelei, musste gestern zurück in ihre Zelle. Das Amtsgericht Tiergarten wollte nicht über den Antrag der Verteidigung entscheiden, den Haftbefehl aufzuheben – obwohl zuvor die Aussage des Hauptbelastungszeugen nicht völlig überzeugen konnte. Der Streifenpolizist hatte zusammen mit einer Kollegin in der Nacht zum 18. Mai Alexandra R. in Friedrichshain festgenommen. Die 21-jährige Linke soll in der Liebigstraße Grillanzünder auf den Reifen eines Mazda gelegt und angezündet haben.

Der Beamte hatte zunächst eine dunkel gekleidete Person gesehen und kurz darauf die Flammen. Unklar bleibt jedoch, ob die dunkle Gestalt mit Alexandra R. identisch ist, die kurz danach von den beiden Beamten in einem Spätkauf in der Petersburger Straße festgenommen wurde. Er habe in der Liebigstraße „eine Sekunde“ das Gesicht von Alexandra R. gesehen, sagte der Polizeikommissar. Er konnte jedoch nicht sagen, ob die Person eine Brille trug – wie es R. tut – und ob das Basecap mit dem Schirm ins Gesicht gezogen war. Auf die Fragen der Verteidigerinnen, warum er in seiner Strafanzeige gegen R. vom 18. Mai nicht erwähnt hatte, das Gesicht gesehen zu haben, sagte der Beamte, „das kann ich mir nicht erklären“. Zwei Tage später hatte der Polizist dann in einer Vernehmung durch das LKA das Gesicht von R. erwähnt. Zuvor hatte sich der Amtsrichter geweigert, einen Haftbefehl gegen R. zu erlassen. Als die Polizei die Aussage des Beamten nachreichte, kam R. in Untersuchungshaft.

Die schmächtige, meist verschlossen wirkende Frau weinte, als der Richter verkündete, das Gericht sei sich noch nicht im Klaren, ob es den Haftbefehl aufheben wird. Es werde aber bis spätestens am kommenden Montag entscheiden. Der Prozess wird am 3. November fortgesetzt. Kerstin Gehrke/Frank Jansen

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