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Das Helios-Klinikum in Berlin-Buch.

© dpa

Kinder-Intensivstation in Buch: Polizei und Justiz hätten Missbrauch verhindern können

Nach der ersten Strafanzeige wegen sexuellen Übergriffs im Klinikum Berlin-Buch reichten sich Behörden den Fall weiter. Der Pfleger missbrauchte derweil ein weiteres Kind.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Zusammenhang mit den sexuellen Missbrauchsfällen auf der Kinder-Intensivstation des Helios-Klinikums Buch offenbar folgenschwere Fehler gemacht: Hätten sie schneller reagiert und die Klinik über den brisanten Inhalt einer Strafanzeige umgehend und eindeutig informiert, wäre zumindest der dritte Übergriff des einstigen Pflegers Michael N. an einem achtjährigen Jungen am 16. November 2010 zu verhindern gewesen. Denn bereits zwei Monate vor der Tat, am 13. September 2010, zeigten die Eltern des ersten missbrauchten Kindes bei der Polizei in Oranienburg an, dass sich eine unbekannte Person an ihrem Kind auf der Station vergangen habe. Danach wurde diese Anzeige offenbar viel zu langsam über die Ermittlungsbehörden in Oranienburg an die Staatsanwaltschaft in Berlin weitergegeben. Und das Landeskriminalamt begann erst am 1. November in Buch zu ermitteln. Am 17. Dezember wurde daraufhin der Täter festgenommen.

Wie berichtet, steht der 29-jährige Mann inzwischen vor Gericht. Er hat gestanden, drei wehrlose neun, fünf und acht Jahre alte Patienten am 11. Juni, 17. August und 16. November 2010 missbraucht zu haben. Laut Staatsanwaltschaft Berlin gaben die Eltern des ersten Opfers die Anzeige an ihrem Wohnort in Oberhavel bei Oranienburg auf. Erst neun Tage später vernahm die dortige Polizei den Jungen, danach wurde das Verfahren der Staatsanwaltschaft in Neuruppin übertragen. Diese gab den Fall am 19. Oktober an die Staatsanwaltschaft Berlin weiter. Dort lag er bis Ende Oktober. Am 1. November sei das LKA mit den Ermittlungen beauftragt worden, teilte die Berliner Polizei auf Anfrage mit.

Die Polizei ging nun nach ihrer Darstellung wie folgt vor: Am 2. November habe man die Dienstpläne der Intensivstation telefonisch angefordert und am 16. November das Opfer und dessen Eltern angehört – dies war der Tag des dritten Missbrauchsfalles. Um „weitere Erkenntnisse zur Täteridentifikation“ zu gewinnen, habe man danach persönlich die Personalabteilung in Buch aufgesucht. Dies führte zu einem konkreten Verdacht. Am 9. Dezember legte man der Mutter und dem Jungen Fotos vor, auf denen sie den Verdächtigen erkannten. Fünf Tage später wurde dessen Wohnung durchsucht, wobei die Beamten eindeutige Beweise entdeckten.

Schon beim Auftakt des Gerichtsverfahrens gegen den Täter stellten sich Beobachter am Donnerstag die Frage, warum die Helios-Klinik nicht schon Mitte September von den Behörden über die Anzeige informiert worden war. Laut Klinik forderte das LKA Anfang November „ohne Angabe von Gründen“ die Dienstpläne an. Die Gründe für die Ermittlungen habe man erst bei der Festnahme erfahren. „Andernfalls hätte man beim geringsten Verdachtsmoment zumindest Kontrollen verschärfen können“, sagte eine Kliniksprecherin.

Die Brandenburger Behörden waren Freitag nicht erreichbar. Ein Berliner Polizeisprecher sagte, der damals in Buch ermittelnde LKA-Beamte könne sich nicht genau erinnern. Er meine aber, er habe der Klinik die Ermittlungsgründe mitgeteilt. Laut Polizei bestand zu diesem Zeitpunkt aber noch kein „dringender Tatverdacht.“ Das Helios-Klinikum wies die Staatsanwaltschaft nach der Festnahme brieflich darauf hin, dass sie vorher nicht über die Vorwürfe informiert worden sei. Eine Antwort sei ausgeblieben. Auf Anfrage erklärte die Staatsanwaltschaft : „Wir haben uns nichts vorzuwerfen.“

Dass die Ermittlungen im Falle eines Kindesmissbrauchs auch schnell laufen können, erlebte eine Mutter im August 2011. Sie hatte einen Mann angezeigt, der als ehrenamtlicher Helfer in der Grundschule ihrer Tochter tätig war. Der 42-Jährige aus Treptow soll sich an dem Mädchen und an einem Jungen vergangen haben. Ende August wurde Hilmar J. verhaftet. Am Freitag legte er vor dem Landgericht ein Geständnis ab.

Das Mädchen war zehn, als es von einem Vorfall in der Wohnung des Angeklagten berichtete. „Wir reagierten schnell, Polizei und Schule aber auch“, sagte die Mutter. Der Arbeitslose ohne Vorstrafen gab Nachhilfe oder spielte Ping-Pong mit den Schülern. Um einen Übergriff geht es nun bei dem Mädchen, um zwölf bei dem Jungen. Das Gericht stellte J. bei einem Geständnis eine Strafe von maximal fünf Jahren und sieben Monaten Haft in Aussicht.

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