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Ein Krankenpfleger steht wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht.

© dapd

Krankenpfleger vor Gericht: Eltern der Opfer sagen im Missbrauchsprozess aus

An drei kranken Jungen soll er sich vergangen haben: Im Prozess gegen den Pfleger Michael N. haben am Dienstag die Eltern vor Gericht ausgesagt. Ihre Berichte vom Leid der Kinder machen betroffen.

Es machte betroffen, was Eltern der von Krankenpfleger Michael N. im Klinikum Buch missbrauchten Jungen am Dienstag vor Gericht schilderten. „Mein Sohn wollte nie wieder zum Arzt, es ist mir bis heute nicht möglich, mit ihm ein Krankenhaus zu betreten“, sagte eine 37-jährige Mutter. Ihr Sohn war sechs Jahre alt, als er nach einer Vergiftung im August 2010 intensivmedizinisch behandelt werden musste. Er habe sich nach der Zeit in der Klinik total verändert, sagte die Mutter. Sie wusste lange nicht, warum.

Michael N. hatte zu Prozessbeginn sämtliche Vorwürfe gestanden. Obwohl ihm seine pädophile Neigung bewusst war, hatte er sich auf die Kinder-Intensivstation versetzen lassen. Am Vormittag des 11. Juni 2010 kam es zum ersten Übergriff.

Das erste Opfer war ein neunjähriger Junge aus Brandenburg. N. schlich sich an das Bett des Schülers. Was er mache, gehöre zur Behandlung, sagte der Täter. Sein Opfer schwieg drei Monate lang. „Wie aus heiterem Himmel sprach unser Sohn dann darüber“, berichtete der Vater. Die Eltern gingen zur Polizei und sagten, man solle vorsichtig mit der Sache umgehen. Sie selbst wüssten nicht, was Wahrheit an den Erinnerungen des Jungen ist. Der heute Elfjährige wurde zehn Tage später vernommen. „Dann geschah lange nichts, wir waren kurz davor, bei der Staatsanwaltschaft nachzufragen.“ Erst am 17. Dezember 2010 wurde Michael N. verhaftet. Drei Monate dauerten die Ermittlungen, die Klinik war nicht informiert. Hätten die Ermittler schneller reagiert, wäre die dritte Tat im November 2010 vermutlich verhindert worden.

Das damals sechsjährige Opfer litt nach dem Klinikaufenthalt unter einem schlimmen Waschzwang, aß ungern, hatte panische Angst vor Krankheit. Seine Mutter ging mit ihm zum Kinder-Psychiater. „Aber mir fehlte das entscheidende Puzzle-Teil“, beschrieb sie. Sie habe ihren Jungen gefragt, ob er sich an Pfleger N. erinnern könne. „Es war, als wenn bei ihm eine Schleuse aufging.“ Der Prozess geht Donnerstag weiter.

Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sagte zu dem Fall am Dienstag: „Das war eine Verkettung unglücklicher Umstände, die so häufig nicht vorkommt.“ Jetzt zu versprechen, dass innerhalb des nächsten halben Jahres etwas verändert werde, sei „nicht realistisch“. Zugleich erneuerte er sein Versprechen, sich um die Aufklärung des Falls zu bemühen. (dapd)

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