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Kriminalität: Rudi kann’s nicht lassen

Rudolf S. haben es Fahrräder angetan. Kaum ist er frei, wird er schon wieder mit fremden Velos erwischt. Das geht seit sechs Jahrzehnten so. Er ist nicht gewalttätig, aber ein unbelehrbarer Dieb.

Rudolf S. kann es einfach nicht lassen. Kaum ist er frei, wird er schon wieder mit fremden Fahrrädern erwischt. Das geht seit sechs Jahrzehnten so. Er ist nicht gewalttätig, aber ein unbelehrbarer Dieb. Das brachte ihn bereits rund 46 Jahre hinter Gitter. „Ick hör’ mit Straftaten uff“, verspricht er stets seinen Richtern. Inzwischen ist er 82 Jahre alt. Doch jetzt saß er wieder auf der Anklagebank.

Natürlich ging es um Zweiräder. Mit Seiten- oder Bolzenschneidern soll er sieben Schlösser geknackt und es in zwei weiteren Fällen versucht haben. Als die Staatsanwältin die Vorwürfe aufzählte, ließ der schmächtige Mann mit dem weißen Bart den Kopf hängen. Viele Polizisten in Neukölln oder Kreuzberg kennen ihn gut. Sie nennen ihn „Buffalo Bill“ und sehen sich die Räder, die er verkaufen will, genau an. Meistens werden sie ihm abgenommen. „Einmal wollte er ein Mountainbike für 35 Euro verhökern“, erinnerte sich ein Beamter. Zur Tarnung habe S. das Rad mit grüner Farbe übersprüht. „Das roch man noch.“

Rudolf S. hat viel in seinem Leben versucht. Der gelernte Melker schloss sich in jungen Jahren einem Zirkus an. Er wurde Artist und tingelte durch die DDR. Doch zwischendurch saß er immer wieder in der Zelle. Meistens ging es um geklaute Zweiräder. „Sie hätten Fahrradhändler werden sollen“, sagte einmal eine Richterin zu ihm. Da seufzte er nur. Damals war er bereits 77 Jahre alt.

Was ist los mit dem Mann, der seine Finger nicht von fremden Rädern lassen kann? Ist er psychisch gestört? Ein Gutachter verneinte. „Er weiß, was er tut, kann Recht von Unrecht unterscheiden.“ Es liege keine Krankheit vor, er sei voll schuldfähig. „Und weshalb ist er seit Jahrzehnten auf ein bestimmtes Objekt fokussiert?“ wollte die Staatsanwältin wissen. „Er hat eben diese Masche“, sagte der Psychiater. Vielleicht halte S. das für eine gute Chance, um an Geld zu kommen.

Seit Dezember verbüßt der drahtige Rentner Strafen aus früheren Urteilen. Das wird sich bis Oktober 2010 hinziehen. Tränen kullerten nun über sein faltiges Gesicht. „Ick hör’ wirklich uff“, schluchzte er. „Ick möchte doch nicht im Knast sterben.“ Was soll man machen mit dem unbelehrbaren Rentner? Alle Juristen im Saal waren sich einig: Er muss wieder mit Gefängnis bestraft werden. 14 Monate verlangt der Verteidiger. Das Gericht verhängte zwei Jahre und drei Monate. Es ist die 45. Strafe. K.G.

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