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Unweit des Haubentauchers befindet sich mit dem Club Cassiopeia bereits seit 2005 eine Anlaufstelle für das Berliner und auswärtige Feier-Publikum. Drum herum ist es zugleich grau und bunt - typisch RAW.

© Thilo Rückeis

Kriminologe zu Überfällen in Berlin-Friedrichshain: "Das RAW-Gelände braucht klare Zuständigkeiten"

Die Gewalttaten rund um das RAW-Gelände sind untypisch für Taschendiebe. Claudius Ohder, Kriminologie-Professor von der HWR Berlin geht von Jugendgangs aus und sieht vor allem die Anrainer in der Pflicht.

Herr Ohder, am letzten Wochenende sind zwei Taschendiebstähle auf dem RAW-Gelände zu Gewalttaten eskaliert. Wie erklären Sie sich das?

Zunächst einmal müssen das schlechte Taschendiebe gewesen sein oder sie waren betrunken oder unter Drogen. Wirkliche Profis lassen sich nicht erwischen und geben das Diebesgut schnell an Komplizen weiter. Ihre Maxime ist es, unsichtbar zu bleiben.

Und wenn sie doch bemerkt werden?

Der 'klassische' Taschendieb würde weglaufen oder die gestohlenen Sachen zurückgeben und sich herausreden. Die Brieftasche sei fast aus der Tasche gefallen und er wollte sie retten oder so ähnlich. Dann sind sie strafrechtlich aus dem Schneider, weil sie nur belangt werden können, wenn sie mit Diebesgut gefasst werden. Profis wissen, dass die Strafandrohung bei Raub wesentlich höher ist, deshalb wenden sie keine Gewalt an.

Das Risiko lohnt sich für sie nicht, sie wollen nicht durch Gefängnisstrafen ihre Einnahmequellen verlieren.

Am Wochenende verfolgten die Opfer die Täter. Wenig später gingen zahlreiche Komplizen auf die Bestohlenen los...

So ein Verhalten kennt man eher von Jugendgangs mit hohem Gruppenbezug. Die anderen eilen zur Hilfe, wenn einer von ihnen bedroht ist. Aus Sicht der Gruppe ist das ein defensives Verhalten, auch wenn es uns aggressiv erscheint. In solchen Fällen gab es meistens im Vorfeld schon einen Konflikt.

Wie erklären sie sich, dass das subjektive Sicherheitsempfinden der Anwohner in den letzten Jahren gesunken ist?

Es ist wahrscheinlich, dass durch die strengeren Kontrollen um den Görlitzer Park mehr Kriminelle zur Warschauer Straße abgewandert sind, die ist ja auch nur zwei U-Bahnstationen entfernt. Die Dealer werden nicht sagen: "Hm, wenn im Görli nichts mehr geht, werde ich Bankkaufmann." Drogenhandel ist deren Lebensgrundlage.

Sieht die Anrainer in der Pflicht: Kriminologie-Professor Claudius Ohder von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.
Sieht die Anrainer in der Pflicht: Kriminologie-Professor Claudius Ohder von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

© Privat

Mit welchen Maßnahmen könnte man dieses Sicherheitsempfinden erhöhen?

Es wäre sinnvoll, den undefinierten Raum auf dem Gelände zu reduzieren, also Ecken für die sich niemand verantwortlich fühlt. Wenn das RAW-Gelände klar zwischen ansässigen Vereinen, Gastronomen und Clubbetreibern aufgeteilt ist, können die die Jugendlichen ansprechen und wegschicken oder gegebenenfalls mithilfe der Polizei ihr Hausrecht durchsetzen. Dann wird es für die Kriminellen ungemütlich. Das Gelände braucht klare Zuständigkeiten.

Und was kann die Polizei machen?

Mehr Polizei-Präsenz wird nicht allzu viel ändern. Wenn da jetzt öfter mal eine Streife über das Gelände läuft, bringt das nicht viel, weil sich die Kriminelle darauf einstellen und verstecken. Große Razzien haben einen riesengroßen Ressourcenverbrauch und bringen erfahrungsgemäß ebenso wenig.

Außerdem wird so das Flair des Ortes zerstört, wer will schon bei ständiger Überwachung feiern? Dasselbe gilt für eine hellere Beleuchtung. Wenn das RAW-Gelände steril ausgeleuchtet wird, ist es als Vergnügungsgebiet tot.

Claudius Ohder ist Professor für Kriminologie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

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