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"Ab sofort, unverzüglich!" Günter Schabowski verkündet am Ende seiner Pressekonferenz die Top-Meldung des Tages: die DDR öffnet die Grenze - die Mauer ist Geschichte. In dem Moment, als er die ihm nicht bekannte Meldung vorträgt, ist Schabowski allerdings nicht bewusst, dass er gerade das Ende der DDR ankündigt.

© dpa

Mauerfall 1989 in Berlin: Das Rätsel um die Mauerfall-Frage: Ich war's - Nein, ich!

Vor 30 Jahren fiel die Mauer. Im "Checkpoint" wird jetzt eine erbitterte Fehde geführt, wer die Frage auf der legendären Pressekonferenz gestellt hat.

Ein Geburtstags-Glückwunsch im Tagesspiegel-"Checkpoint" hat eine erbitterte Fehde zwischen zwei früheren „Bild“-Korrespondenten ausgelöst: Beide nehmen für sich in Anspruch, am 9. November 1989 die Mauer umgeworfen zu haben.

Auslöser war folgende Personalie in der Checkpoint-Rubrik „Berliner Gesellschaft“ vom 17. Januar, die uns ein CP-Leser geschickt hatte: „Hennes Schulz (65), Lions Clubs Past District Governor, gebürtiger Spandauer und deutscher Journalist, der vor 30 Jahren in der berühmten Schabowski-Pressekonferenz am 9. November 1989 die Frage zur Maueröffnung stellte, geht in den Ruhestand.“

Als erstes meldete sich Ewald König von der „Austria Presse Agentur“ mit dem richtigen Hinweis, dass es der italienische Korrespondent Riccardo Ehrman war, der die erste Frage zur neuen Reiseregelung stellte. Aber wer fragte, ab wann die gilt (Antwort Schabowski: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich“), und wer fragte nach der Regelung für Berlin, also: nach der Mauer?

König ist sich sicher: Beide Fragen stellte der damalige „Bild“-Reporter Peter Brinkmann (heute Moderator bei TV Berlin), Schulz sei „schon in vielen anderen Fällen der Lüge überführt“. Brinkmann selbst schreibt: „Herr Schulz hat weder diese noch eine andere Frage gestellt.“ Aber wer dann? „Der Fragesteller war ich“, sagt Brinkmann - er beruft sich auf „jede Tonaufnahme und TV“ sowie das Standardwerk über den Mauerfall von Hans-Hermann Hertle (12. Auflage, Seite 279).

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Und was sagt Hennes Schulz, damals Leiter der „Bild“-Bundesredaktion? Er schreibt: Die Frage, wann das Gesetz in Kraft tritt, habe Ehrman gestellt, dann habe er, Schulz, selbst nachgefragt: „Gilt das auch für Berlin-West?“ Antwort Schabowski: „Ja, ja, für die BRD und Berlin-West“. Und was war mit Peter Brinkmann? „Der saß nur dabei.“ Später habe Brinkmann das Erlebte „zu seiner Geschichte“ gemacht, schon zuvor hätten sich Berichte von ihm als „zum Teil frei erfunden“ herausgestellt. Schulz beruft sich auf „Bild- und Tondokumente im Archiv des rbb“ sowie den damaligen SFB-Reporter Erhard Thomas (späterer Brandenburger Regierungssprecher).

Fest steht jedenfalls eins: Die Mauer ist weg – ich habe gerade eben nochmal nachgesehen.

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Aus dem Tagesspiegel-Checkpoint von Lorenz Maroldt

Entnommen haben wir diesen munteren Briefwechsel dem neuen Tagesspiegel-Checkpoint von Chefredakteur Lorenz Maroldt. Den "Checkpoint" können Sie kostenlos bestellen unter checkpoint.tagesspiegel.de.

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Lesen Sie mehr zum Mauerfall im Tagesspiegel

- Wie der italienische Journalist Riccardo Ehrmann den Fall der Mauer beschleunigte. Aus dem Tagesspiegel-Archiv.

- 50 Stunden, die die Welt veränderten: Wie Tagesspiegel-Redakteure den Mauerfall erlebten. Aus dem Tagesspiegel-Archiv.

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- Die Tage im November 1989 im Minuten-Protokoll: Unser Live-Blog, nacherzählt im Tagesspiegel.

Schabowskis Pressemitteilung wird umgehend zur Top-Meldung des Abends. Die Nachrichtenagenturen überschlagen sich. Da Schabowskis Äußerungen einen Interpretationsspielraum enthalten, beginnen die Journalisten diesen aus Ermangelung präziser Informationen zu füllen. Die Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, die Aktuelle Kamera, versucht allerdings die Entwicklung zu bremsen. Reisen müssten erst beantragt werden, betont sie.
Schabowskis Pressemitteilung wird umgehend zur Top-Meldung des Abends. Die Nachrichtenagenturen überschlagen sich. Da Schabowskis Äußerungen einen Interpretationsspielraum enthalten, beginnen die Journalisten diesen aus Ermangelung präziser Informationen zu füllen. Die Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, die Aktuelle Kamera, versucht allerdings die Entwicklung zu bremsen. Reisen müssten erst beantragt werden, betont sie.

© dpa

Und wenn die Mauer nicht gefallen wäre

- Alternative Geschichte: Als die DDR zum Weltmarktführer wurde: „Die Mauer wird in 100 Jahren noch stehen“, sagte Erich Honecker am 19. Januar 1989. Wie sähe Ost-Berlin aus, wenn er Recht behalten hätte? Ein Gedankenspiel im Tagesspiegel 2019.

- Als Trump West-Berlin einmauern wollte: „Die Mauer wird in 100 Jahren noch stehen“, sagte Erich Honecker am 19. Januar 1989. Wie sähe West-Berlin aus, wenn er Recht behalten hätte? Ein Gedankenspiel im Tagesspiegel 2019.

Schabowski Pressekonferenz zum ZK-Plenum findet im Internationalen Pressezentrum im Haus der Ministerien in der Mohrenstraße statt. Nach knapp einer Stunde wird die Top-Meldung des Tages veröffentlichen.
Schabowski Pressekonferenz zum ZK-Plenum findet im Internationalen Pressezentrum im Haus der Ministerien in der Mohrenstraße statt. Nach knapp einer Stunde wird die Top-Meldung des Tages veröffentlichen.

© dpa

Dieser Zettel sorgt bei Schabowski für Konfusion und löst letztlich den Fall der Mauer aus.
Dieser Zettel sorgt bei Schabowski für Konfusion und löst letztlich den Fall der Mauer aus.

© www.chronik-der-mauer.de

Die Fotostrecke zur Nacht der Nächte

Schabowskis "Fahrplan" für die Pressekonferenz am 9. November 1989. Die Top-Meldung will er erst ganz zum Schluss verkünden.
Schabowskis "Fahrplan" für die Pressekonferenz am 9. November 1989. Die Top-Meldung will er erst ganz zum Schluss verkünden.

© Hans-Hermann Hertle, Chronik des Mauerfalls, Berlin 2009.

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