zum Hauptinhalt

Nach Hani-Prozess: Ali K. ist frei und lebt bei Großfamilie

Aus Mangel an Beweisen: Der 18-jährige Staatenlose wird nicht abgeschoben. Die Polizeigewerkschaft fürchtet jetzt neue Straftaten.

Die Beweislage war zu dünn. Der Tatverdächtige im Mordfall Kristina Hani wurde am Montag freigesprochen. Doch was wird nun aus dem 18-jährigen Ali K., der als Drogenhändler bei der Polizei bekannt ist und deshalb erst im April dieses Jahres zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war? Ali K. hat nach seiner Entlassung aus der U-Haft weder eine Arbeit noch eine eigene Wohnung. Bei den Behörden wird er als „staatenloser Palästinenser“ geführt. Er soll vor fünf Jahren ohne seine Eltern aus dem Libanon nach Deutschland gekommen sein.

Doch ins Obdachlosenheim muss der Freigesprochene offenbar nicht ziehen. Wie der Anwalt Ali K.s sagte, habe der junge Mann „eine weitläufige Familie in Berlin“. Sein Mandant komme bei einer libanesischen Großfamilie unter.

Bodo Pfalzgraf, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, stellt Ali K. keine gute Prognose aus. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass er weiterhin Straftaten begehen wird.“ Insbesondere deshalb, weil er als Drogenkrimineller bekannt ist und „hier die Rückfallquote erfahrungsgemäß sehr hoch ist“. Auch dann, wenn Ali K. ein Bewährungshelfer zugeteilt würde, „denn die haben derzeit meist mehr als 100 Klienten. Die können sich also gar nicht richtig kümmern“, sagt Pfalzgraf. Die Justiz müsse bereits während der Haft „eher ansetzen, sich um diese Leute zu kümmern“, forderte Pfalzgraf. Der Fall Ali K. sei keine Ausnahme: „Es sind die Polizeibeamten, die sich nach einem Freispruch mit solch gescheiterten Existenzen herumschlagen müssen.“ In der Regel schere diese Klientel sich auch nicht darum, dass sie „auf Bewährung“ frei ist. „Eine Bewährungsstrafe wird für die als Freispruch angesehen“, sagt Pfalzgraf.

Der Fall Kristina Hani ist einer der spektakulärsten Mordfälle der vergangenen Jahre. Die Leiche der damals 14-jährigen Gymnasiastin war am 16. April 2007 in einem ausgebrannten Koffer in einer Neuköllner Grünanlage gefunden worden. Das Mädchen war an einer Überdosis Heroin gestorben. Im November wurde Haftbefehl gegen Ali K. erlassen. Ein Mithäftling soll der Polizei erzählt haben, Ali K. habe ihm in der Untersuchungshaft vom Tod Kristinas berichtet. Er soll dem Mädchen hoch dosiertes Heroin gegeben und dann tatenlos zugesehen haben, als sie daran starb. Doch objektive Beweise gab es dafür nicht: weder belastende DNA-Spuren noch Tatortzeugen.

Eine Abschiebung Ali K.s ist momentan nicht vorgesehen. Dies sagte eine Sprecherin der Innenverwaltung, ohne weitere Details zu nennen. „Zu Einzelfällen geben wir keine Auskunft“, hieß es. Doch offenbar sind es gleich zwei Gründe, die eine Abschiebung verhindern: Der Freispruch bietet keine rechtliche Grundlage, zudem wissen die Behörden nicht, wohin sie Ali K. ausweisen sollen, da er als „staatenlos“ gilt.

Zur Startseite