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Mit brachialer Gewalt öffneten die Täter den Geldtransporter in der Schillingstraße.

© Paul Zinken/dpa

Update

Nach Überfall auf Geldtransporter am Berliner Alexanderplatz: Polizei fasst dritten Verdächtigen aus Clan-Umfeld

Nach dem spektakulären Raubüberfall auf einen Geldtransporter wurde ein weiterer Tatverdächtiger aus dem Umfeld des Remmo-Clans gefasst.

Rund acht Monate nach einem spektakulären Überfall auf einen Geldtransporter am Alexanderplatz hat die Polizei einen dritten Verdächtigen gefasst. Der 34-Jährige wurde am Dienstag in Bulgarien festgenommen, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Der Verdächtige soll nach Berlin gebracht werden. Er gehört wie zwei andere Verdächtige zum Umfeld des Remmo-Clans. Gegen die beiden anderen 33 und 38 Jahre alten Verdächtigen wurde wegen des Überfalls am 19. Oktober 2018 bereits Anklage erhoben, sie sitzen in Untersuchungshaft. Der 38-Jährige soll mit vier anderen Männern den Geldtransporter gestoppt und die Fahrer mit Maschinenpistolen bedroht haben. Die Beute – Kisten mit sieben Millionen Euro – haben sie bei der Verfolgungsjagd mit der Polizei verloren. Der zweite Angeklagte soll Spezialwerkzeug und einen Fluchtwagen besorgt haben.

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Der Remmo-Clan wird für schwere Straftaten verantwortlich gemacht – wie den Diebstahl der Goldmünze Big Maple Leaf aus dem Bode-Museum 2017 oder den Millionenraub aus der Mariendorfer Sparkasse 2014. Hinzu kommen Drogenhandel, Waffen und Schießereien. Andere Clan-Mitglieder fielen in den vergangenen Monaten auch mit dem Verkauf von Diebesbeute aus Wohnungseinbrüchen auf – meist Luxusware. Ein staatenloser Sohn von Clan-Chef Issa Remmo geriet im Mai nach dem Diebstahl eines Goldnestes aus einer Schule in Marzahn ins Visier der Ermittler.

Seit einem Jahr gehen die Behörden verstärkt gegen die Clans vor. Im Juli 2018 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft 77 Häuser und Wohnungen im Wert von neun Millionen Euro, die den Remmos zugerechnet werden. Im April wurden die Mieteinnahmen sichergestellt. Der Verdacht: Der Erwerb soll mit Einnahmen aus schweren Straftaten finanziert worden sein, das Geld soll über den Libanon geflossen sein. Gegen 20 Verdächtige wird ermittelt – unter anderem wegen Geldwäsche. Zudem laufen seit November 2018 verstärkt Razzien und gemeinsame Kontrollen von Polizei, Zoll und Gewerbeaufsicht an den Treffs der Clans.

Für neue Unruhe dürfte die Abschiebung des Clan-Chefs Ibrahim Miri aus Bremen am Mittwoch sorgen, an der Berliner Behörden beteiligt waren. Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen treiben die harte Gangart voran. Dass die Behörden Abschiebungen vorbereiten, war seit Wochen klar. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) war im Mai in Beirut und zurrte mit den libanesischen Behörden nach jahrelangen Verhandlungen den Deal fest. Lange hatte sich der Libanon geweigert, die zumeist staatenlosen geflüchteten Palästinenser zurückzunehmen und ihnen Pässe auszustellen.

Der Fall Miri symbolisiert einen Durchbruch

Der Fall Ibrahim Miri markiert einen Durchbruch. Miri führte von Bremen aus seinen 2500 Mitglieder zählenden Clan an, der bis nach Berlin reicht. Am Donnerstag sagte Geisel zur Abschiebung: „Wir werden diesen Weg auch in Berlin konsequent weitergehen und den Druck auf die organisierte Kriminalität hochhalten. Da wo es möglich ist, kommen auch Abschiebungen in Betracht.“

Geisel hatte aber schon angedeutet, dass solche Abschiebungen kein Allheilmittel sein werden. Denn drei Viertel der Clan-Mitglieder sind inzwischen deutsche Staatsbürger. Und viele der übrigen 25 Prozent sind staatenlos. Doch „nicht alle Clanmitglieder, die aus dem Libanon eingereist sind“, seien „tatsächlich staatenlos“, sagte Geisels Sprecher. „Gelegentlich gelingt es den Behörden bei als staatenlos geltenden Personen eine Staatsangehörigkeit nachzuweisen.“ Die nächste Hürde: Wer mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet ist und deutsche Kinder hat, kann schwerer abgeschoben werden. Im Klartext: Die Zahl der Clan-Mitglieder, die in den Libanon abgeschoben werden können, ist gering.

Abschiebungen sind ein klares Signal

2019 wurden bis Ende Juni drei libanesische Personen abgeschoben, darunter eine aus der Strafhaft. Ob es Clan-Mitglieder sind, ist nicht klar. Die Senats-Innenverwaltung erfasst bei der Statistik zu Abschiebungen aber nicht das Zielland, sondern unterscheidet nach Staatangehörigkeit. Möglich, dass abgeschobene Libanesen deshalb nicht in den Libanon, sondern, entsprechend des Dublin-Verfahrens, in ein Drittland abgeschoben wurden.

2018 wurden 21 Personen in den Libanon abgeschoben, darunter acht aus der Strafhaft. Zum Stichtag 31. Mai 2019 waren insgesamt 1175 libanesische Staatsangehörige in Berlin ausreisepflichtig. Eine weitere Frage ist, wie verhindert wird, dass abgeschobene Personen wie Clan-Chef Miri nach Deutschland zurückkehren. Der Sprecher der Innenverwaltung erklärte: Abgeschobene erhielten eine befristete Wiedereinreisesperre, deren Dauer im jeweiligen Einzelfall festgelegt und im Schengener Informationssystem erfasst werde.

Für Innensenator Geisel sind vereinzelte Abschiebungen nur ein Mittel von vielen im Kampf gegen die Clans. Dennoch sind sie ein klares Signal: Dass der Staat die Machenschaften der Clans nicht mehr duldet, zumal Ibrahim Miri, dessen Clan in Bremen mit Erpressung, Drogen- und Waffenhandel auffällt, seit Jahren ausreisepflichtig war. Vor allem aber: Der Staat duldet nicht mehr die in aller Öffentlichkeit, auf Straßen, in Geschäften, sogar in Schulen gezeigte Ablehnung der Regeln und Gesetze in Deutschland.

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