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Die Angeklagten im Prozess um den Tod von Jonny K. wollen nahezu identische Aussagen in der zweiten Prozessauflage machen.

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Update

Neustart mit neuen Schöffen: Berlin: Jonny K.-Prozess beginnt von vorn

Alles auf Anfang. Alles auf ruhig. Im Prozess um die tödliche Prügelattacke auf den 20-jährigen Jonny K. soll es keine Pannen mehr geben. Das haben sich jedenfalls alle Beteiligten vorgenommen am Tag, als alles von vorne begann. Und doch auch weiterging.

„Ich hoffe, dass alle, die aus berufsmäßigen Gründen hier sind, verantwortungsvoll mit ihrer Tätigkeit umgehen“, mahnte der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck am Donnerstag. Ein verärgerter und zu gesprächiger Schöffe hatte im ersten Anlauf erst einen Eklat und dann vor drei Tagen den Abbruch des Prozesses provoziert. Nur drei Tage. Solch ein Neustart ist rekordverdächtig. Wieder saßen die sechs Angeklagten auf den Plätzen, die ihnen bereits seit dem 13. Mai zugeteilt waren. Doch manches ist anders. Jetzt waren es nur noch zwei der sechs Männer, die aus der Untersuchungshaft in den Saal kamen. Drei der 19- bis 24-Jährigen konnten sich am Montag, nachdem der erste Anlauf wegen Befangenheit eines Schöffen gescheitert war, über Haftentlassung gegen Meldeauflagen freuen. Pünktlich kamen sie nun zum Termin. Außerdem dabei: zwei neue Schöffen und zwei Ersatzschöffen. Letztere waren für die erste Runde nicht bestellt worden, weshalb die Befangenheit eines Laienrichters ausreichte, um den Prozess zu Fall zu bringen.

Nach wie vor will es keiner der Angeklagten im Fall Jonny K. gewesen sein

Es bleibt aber ein Verfahren mit vielen offenen Fragen. Denn nach wie vor will es keiner der Angeklagten gewesen sein. „Ich möchte deutlich sagen, dass ich mit dem Tod von Jonny K. nichts zu tun habe, aber es lässt mich nicht kalt und ist mir alles andere als egal“, sagte Onur U. als einer der Hauptverdächtigen. Wie zu Beginn der ersten Verhandlung gab er zu, den Freund von Jonny K. massiv mit Fausthieben traktiert zu haben. Rechts und links ins Gesicht. „Zehn bis zwölf Mal, meist auf seine Deckung“, sagte der 19-jährige Ex-Boxer. Jonny K. aber will er gar nicht wahrgenommen haben.

Einer bezichtigt den anderen

Onur U. hatte schriftlich vorbereitet, was er vor Gericht erklären wollte. Im Mai – beim ersten Start – hatte er das Verlesen seinem Verteidiger überlassen. Der Neustart sei auch für ihn „extrem schwierig“, stöhnte er etwas. Er werde sich aber „selbstverständlich zusammennehmen“. Und er wollte mitteilen, dass ihn vor allem die Ausführungen von Medizinern in der ersten Verhandlung geschockt hätten. „Es ist krass, wie wenig ausreichen kann, um aus einem Schlag, Tritt oder Sturz eine tödliche Verletzung werden zu lassen.“

Was in jener Nacht geschah, „hätte nicht passieren dürfen“. Er aber habe Jonny K. in keiner Weise attackiert. Wie aus dem Nichts sollen die sechs Männer am 14. Oktober am Alexanderplatz zu Angreifern geworden sein. Jonny K. sei nach Schlägen und Tritten gestürzt und auf das Straßenpflaster geprallt. Er soll noch getreten worden sein, als er bereits am Boden lag, und starb wenig später an Hirnblutungen. Sein 29-jähriger Freund Gerhardt C. wurde schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass U. die Attacke provozierte. Ihm und drei weiteren Männer wird Körperverletzung mit Todesfolge zur Last gelegt, zwei Angeklagten gefährliche Körperverletzung.

Auch Tina K. saß wieder im Gerichtssaal

Alle gestanden eine Beteiligung an der Schlägerei, Schuld am Tod von Jonny K. aber wiesen sie erneut zurück. Bilal K. sagte, er habe gegen den Oberschenkel getreten, doch sein Tritt habe Jonny K. nicht zu Boden gebracht. Er belastete Melih Y., einen 21-jährigen Mitangeklagten. Dieser habe auf den Jungen eingetreten. Y. wiederum zuckte mit der Schulter: „Ich kann nur sagen: Es stimmt nicht.“ Nach der Version von Mehmet E. wiederum soll es Bilal K. gewesen sein, der den am Boden Liegenden attackierte. Auch Tina K., die Schwester des Getöteten, saß wieder mit im Gerichtssaal. Sie hatte am Montag den Schöffen, der in der Boulevardzeitung „BZ“ mit abfälligen Bemerkungen über die Verteidiger zitiert wurde, scheinbar fassungslos gemustert. Dass der erste Anlauf platzte, „belastet meine Familie sehr“, sagte sie. Jetzt aber sei die Atmosphäre im Verfahren entspannter. „Und mir fallen mehr Einzelheiten auf.“

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