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Polizei & Justiz: Phantom am Steuer

Suche nach Todesfahrer geht weiter Besitzer des teuren Wagens gibt Rätsel auf

Ein Neuköllner Hinterhof, ein dunkler Aufgang – hier wohnt Heiko H., 41 Jahre. Nur zögernd öffnet er die Tür. „Wie Sie sehen, bin ich nicht im Knast“, sagt der kleingewachsene Mann mit dunklen Haaren sofort. „Ich habe den Mann nicht totgefahren. Ich habe den Wagen verliehen“, schickt er hinterher. Er befürchtet er trotzdem, dass die Polizei ihm etwas anhängen will. „Schließlich saß ich schon mal 22 Monate im Gefängnis wegen Betruges – aber unschuldig“, behauptet er.

Trotz seiner heruntergekommenen Wohnung: Heiko H. ist der Besitzer des mehr als 100 000 Euro teuren Coupés, mit dem am Samstagabend der 77-jährige Tourist Johannes K. aus Zwickau an der Fußgängerampel vor dem Sony-Center getötet wurde. Der silberfarbenen BMW war mit hohem Tempo über eine rote Ampel gerast. Der Unfallfahrer, nach Zeugenaussagen ein dunkelhaariger Mann, flüchtete.

Doch Heiko H. konnte den Polizeibeamten glaubhaft machen, dass er zur fraglichen Zeit nicht mit dem Wagen gefahren ist, sondern ihn an seinen Freund Murat S. (Name geändert) verliehen hatte. Aber auch der 25-jährige Araber, der zu einem libanesischen Großfamilienclan gehört, versicherte der Polizei ebenfalls, zur fraglichen Zeit den BMW nicht gefahren zu haben. Wegen Mangels an Beweisen konnte er nach der Vernehmung wieder gehen. Ermittelt wird gegen ihn jedoch weiterhin.

Der Fall wirft viele Fragen auf: Wie kann sich Heiko H., der in einem heruntergekommenen Hinterhof in Neukölln lebt und wegen eines amputierten Beines Invalidenrente und Hartz IV erhält, ein so teueres Auto leisten? In Ermittlerkreisen wird vermutet, dass Heiko H. den teuren Wagen als „Strohmann“ für Murat S. und seinen Clan angemeldet hat. Denn der 25-Jährige soll bereits etliche Einträge wegen verschiedener Straftaten in der Polizeiakte haben. Ob er auch Sozialleistungen bezieht, bestätigten die Behörden nicht. Doch aus Angst vor einer Beschlagnahmung des Luxusautos könnte er Heiko H. als Halter benutzt haben, ist aus der Ermittlungsbehörde zu hören.

„Quatsch“, widerspricht Heiko H. „Ich war schon immer ein Autofreak. Den Wagen habe ich sogar bar bezahlt.“ Woher er so viel Geld hat? „Ist doch egal. Darüber rede ich nicht“, sagt der 41-Jährige, der sich nicht fotografieren lassen will. In den vergangenen Jahren habe er ein Café mit Spielautomaten und einen Autohandel betrieben. Murat S. sei sein bester Kumpel. Ihm habe er sein Auto öfter geliehen. „Doch er war’s nicht“, behauptet H. Warum? „Am fraglichen Abend war er auf einer arabischen Verlobungsfeier. Es gibt genügend Zeugen und Videoaufnahmen, wo er zu sehen ist.“ Doch wer hat den Wagen dann gefahren? „Das weiß ich nicht“, beteuert H.

Für die Ermittler stellt sich die Frage, ob Murat S. nur behauptet, nicht selbst gefahren zu sein, oder ob tatsächlich jemand anderes am Steuer saß – den er allerdings deckt. Heiko H. behauptet, darüber nichts zu wissen. „Selbst wenn Murat wüsste, wer gefahren ist: Er würde es mir nicht sagen, denn er weiß, ich würde mir denjenigen vorknöpfen“, behauptet H. Dann zeigt er auf seine linkes Bein. „Ich kann nachempfinden, was es bedeutet, ein Unfallopfer zu sein“, sagt H. mit energischer Stimme. Er sei 16 Jahre gewesen, als er als Sozius auf einem Motorrad mitfuhr. Es sei zur Kollision mit einem Auto gekommen, unverschuldet. „Ich habe mit dem Tode gerungen. Am Ende musste mein Bein amputiert werden. Seither trage ich die Prothese“, schildert H. Er sei traurig, dass der 77-jährige Tourist ums Leben kam. „Ausgerechnet mit meinem Auto“, seufzt H. „Ich wünschte, ich könnte der Witwe finanziell helfen und würde gerne Spenden sammeln“, erzählt H.

Das Unfallauto hatte die Polizei am Sonntag in Tempelhof gefunden – ohne Kennzeichen. Es wird nach Spuren untersucht. H. erzählt, Murats und sein Anwalt hätten der Polizei gesagt, wo der Wagen steht. Wieso der Standort des Wagens bekannt ist, obwohl keiner – wie behauptet – den Fahrer kennt, bleibt ebenfalls unklar. tabu

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