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Polizeieinsatz: Angeklagter Dieb flüchtet aus dem Gericht

Einem 25-Jährigen drohte die Untersuchungshaft, doch kurz vor seinem Prozessbeginn türmte er. 70 Polizisten durchsuchten das Justizgebäude – vergeblich.

Ein mehrfach vorbestrafter Dieb ist gestern unmittelbar vor seinem Prozesstermin im Gericht Moabit vor der drohenden Untersuchungshaft geflohen. Der 25-Jährige Timo B., der mit drei weiteren Verdächtigen des Diebstahls beschuldigt wird, hatte offenbar mitbekommen, dass der Richter die Haftverschonung aufheben wollte.

Der Alarm im Kriminalgericht ertönte gestern gegen halb zehn. Wenig später fuhr die Polizei vor. Alle Ausgänge wurden gesichert. Im Gebäude begann eine Suchaktion, die knapp vier Stunden später erfolglos abgebrochen wurde. Eine erneute Justizpanne. Der Angeklagte Timo B. war ungehindert entkommen. Und das, obwohl der zuständige Richter Sicherheitskräfte angefordert hatte.

Die rechtspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Cornelia Seibeld, kritisierte: „Die erneute Flucht eines vermeintlichen Straftäters aus dem Amtsgericht Tiergarten wirft erneut die Frage auf, ob überhaupt, gegebenenfalls wann, und durch wen Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden.“ Fluchten aus dem Amtsgericht Tiergarten häuften sich, sagte Seibeld. Sie forderte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) dazu auf, sich umfassend zu der Flucht zu erklären.

Der 25-jährige B. ist ein mehrfach vorbestrafter Dieb. In dem Prozess, der seit drei Tagen lief, wird ihm und drei mitangeklagten jungen Männer vorgeworfen, am 13. Februar 2007 in einem Penny-Markt in der Moabiter Turmstraße Alkohol gestohlen haben. Es ging laut Anklage um zwölf Flaschen. Als sie ihre Beute einsteckten, hätten sie gefährliche Gegenstände bei sich getragen. Im Falle von B. sollen es Quarzsandhandschuhe gewesen sein. Sie gelten als Angriffswaffen, die schwerste Verletzungen hervorrufen können.

Das Quartett wurde auf frischer Tat gefasst. Gegen den Weddinger B. und einem weiteren Verdächtigen wurde Haftbefehl erlassen. Beide erhielten jedoch gegen Auflagen Haftverschonung. Als im Laufe des Verfahrens neue Vorwürfe gegen die beiden Männer bekannt wurden, wollte der Amtsrichter die Haftverschonungsbeschlüsse aufheben. Der Richter rief gegen 8.30 Uhr bei der Wachtmeisterei an und forderte Sicherheitskräfte an. Als der Prozess um neun Uhr begann, waren jedoch keine Wachtmeister vor dem Saal 769. Gericht, Staatsanwältin und Verteidiger sprachen über die beabsichtigte Aufhebung der Haftverschonung. Von diesen Plänen erfuhr offenbar auch Timo B., der daraufhin flüchtete, sein Kumpel wurde wenig später im Saal verhaftet.

70 Polizisten durchsuchten das Gebäude und sperrten auch das Gelände vor dem Gericht. Doch die Suche blieb erfolglos. Nun wird stadtweit nach Timo B. gefahndet. „Der Richter hat sein Mögliches getan“, sagte Justizsprecherin Iris Berger. Warum kein Wachtmeister im Saal war, werde nun geklärt. Die Sprecherin der Justizsenatorin, Barbara Helten, sagte: „Falls es Versäumnisse gegeben haben sollte, werden wir diese aufklären.“

Zuletzt war im August 2006 ein 28-jähriger Häftling durch ein Toilettenfenster im Kriminalgericht Moabit in die Freiheit gelangt. Sein Bewacher hatte auf dem Flur des Kriminalgerichts Moabit vor der Tür zu den Toiletten gewartet.

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