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Prozess: Anschlag mit Eisenkette auf der A 10 - aus Langeweile

Es grenzt an ein Wunder, dass bei dem Anschlag niemand zu Schaden kam. Aus "Langeweile" hatten zwei junge Männer eine Eisenkette mit einer Stahlplatte von einer Fußgängerbrücke über die A10 in Pankow heruntergelassen. Jetzt stehen die beiden wegen versuchten Mordes vor Gericht. "Es war eine Dummheit, für die ich mich schäme", sagte einer der Angeklagten.

Die Eisenkette war über neun Meter lang. An ihrem Ende hatten die Täter eine Stahlplatte montiert. 75 Zentimeter lang, einen halben Meter breit. Es sollte schließlich etwas passieren auf der A 10. „Aber nichts Schlimmes“, beteuerte gestern Dennis G. vor Gericht. Der 23-Jährige und der 20-jährige Enrico K. sind für den Anschlag verantwortlich. Es grenzt an ein Wunder, dass es an jenem frühen Abend nicht zu einer Katastrophe kam wie zwei Monate zuvor durch die Holzklotzattacke auf einer Autobahn in Oldenburg, bei der eine Frau getötet wurde.

"Ich habe nur mit Sachschäden gerechnet"

Die Anklage lautet auf versuchten Mord. Einen tödlichen Plan aber bestritt G. energisch: „Ich habe wirklich nicht in Erwägung gezogen, dass jemand sterben könnte oder verletzt wird.“ Er habe „lediglich mit Sachschäden gerechnet“, sagte der wegen Körperverletzung Vorbestrafte. Eine Dummheit sei es gewesen, für die er sich schäme. Auch K. hatte nach seiner Festnahme den Anschlag eingeräumt. Auf Antrag seines Verteidigers schlossen die Jugendrichter während seiner Aussage die Öffentlichkeit aus. K. sei „psychisch labil, nicht gerichtserfahren, in seiner Entwicklung zurückgeblieben“, hatte der Anwalt argumentiert.

Tatort A 10, Kilometer 189,7. Am 18. Mai befestigten die jungen Männer die Eisenkette an der Fußgängerbrücke in Pankow. Die gefährliche Konstruktion ließen sie so über der Autobahn baumeln, dass Fahrzeuge mit ihr kollidieren und dabei verunglücken könnten. „Die Angeklagten bewirkten eine Gefahr für eine unbestimmte Anzahl von Fahrzeuginsassen“, hieß es in der Anklage. „Sie führten die Tat nur aus Langeweile und Neugierde durch.“

Die pendelnde Kette durchschlug die Heckscheibe

Mit etwa Tempo 90 passierte ein Mercedes die Brücke. Im Auto saß ein Ehepaar. Der Mann zog im letzten Moment nach links, der Stahlwinkel schabte über die Motorhaube. Kurz darauf erwischte es einen VW Passat. Im Auto Eltern mit ihrem vierjährigen Kind. Die Frau sah das „Hindernis“, konnte mit Mühe auf die stark befahrene linke Spur wechseln. Die pendelnde Kette sprengte noch den rechten Außenspiegel weg, bevor sie die Heckscheibe eines Mercedes durchschlug. Die abgerissene Verkleidung des Spiegels flog einem Daimler Cabrio entgegen, dessen Fahrer nur durch ein gefährliches Manöver ausweichen konnte.

Nach Version von G. war es eine spontane Tat. Er und K. hätten zuvor auf dem Spielplatz einer Kita zwei Schaukeln abmontiert. Die hätten sie aus Spaß einem Kumpel schenken wollen. An der Autobahn sei ihnen die Idee gekommen, die Kette über die Fahrbahn zu spannen. Sie befürchteten aber, dass das für sie selbst gefährlich ausgehen könnte. „Enrico kam auf die Idee, sie runterhängen zu lassen.“ Als die Kette befestigt war, habe K. sich aber nicht getraut. „Irgendwann ließ ich sie fallen“, gestand Dennis G.

Zeugen hatten das Duo beobachtet

Die Täter, beide ohne Berufsausbildung und festen Job, machten sich aus dem Staub. Nach einer halben Stunde kehrten sie aus Neugierde zurück. „Um zu sehen, ob was passiert ist“, sagte der ältere Angeklagte. Zeugen hatten sie in der Nähe der Brücke gesehen. Noch am Tattag wurden G. und K. in der Nähe der Autobahn festgenommen. Der Prozess wird am 27. November fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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