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André H. soll über 100 Autos angezündet haben.

© dapd

Prozess: Gutachter: Serien-Autozündler war voll schuldfähig

Aufmerksamkeit und Spannung habe er gesucht, sagt ein Psychiater. Im Prozess um den Autobrandstifter André H. hatte am Donnerstag ein Gutachter das Wort.

Es baute ihn auf, wenn über die Spuren seiner Zerstörung berichtet wurde. „Das verlieh ihm Bedeutung“, sagte am Donnerstag ein Psychiater. „André H. wollte im Konzert der Brandstifter die erste Geige spielen.“ Aufmerksamkeit habe er gesucht und auch Spannung. Mit solchen Aktionen habe der 28-Jährige „seine etwas unbefriedigende Lebenssituation aufgemotzt“. Eine krankhafte Störung liege aber nicht vor, sagte der Gutachter am Donnerstag vor dem Landgericht. Dem Mann, der für 102 Autobrände verantwortlich ist, wurde damit volle Schuldfähigkeit bescheinigt.

Wochenlang hielt André H. die Stadt in Atem. Bis zu zwölf Autos in der Nacht ließ er von Juni bis Ende August 2011 in Flammen aufgehen – fast ausschließlich der Marken BMW, Mercedes und Audi. Er richtete einen Millionenschaden an. Als er im Oktober verhaftet wurde, gestand er umfassend. Als Motiv gab der arbeitslose Lackierer eine Art Sozialneid an: „Ich fand es ungerecht, dass sich andere teure Autos kaufen können und ich in Schulden stecke.“

Vielleicht wäre es tatsächlich nicht zu der Serie von Brandstiftungen gekommen, wenn der Mann aus Moabit früher eine feste Anstellung gefunden hätte. Er ließ jedenfalls die Finger vom Feuer, als er im September einen Job gefunden hatte. Auch das zeige, dass bei André H. keine Pyromanie vorliege, sagte der Experte. „Feuer war für ihn Mittel zum Zweck. Er wollte große Effekte erreichen.“ Es sei für den Angeklagten auch ein Kräftemessen gewesen. „Dinge zerstören, der Polizei immer wieder ein Schnippchen schlagen, zeigen, dass man cleverer ist.“ Für den Gutacher „fortgesetzte Jungenspiele“.

Er war ein ganz anderer junger Mann, wenn er den Alltag bestritt. Der Gutachter fasste zusammen: „Brav, zuverlässig, umgänglich, hilfsbereit und anspruchslos.“ Intellektuell sei H. absolut normal. Die Schule meisterte er durchschnittlich, eine Ausbildung schloss er ab. Ein guter Sohn, der mit seiner Mutter und der älteren Schwester in einer bescheidenen Wohnung in Tiergarten lebte. Die berufliche Entwicklung aber endete nach der Lehre. Der Psychiater sagte, H. sei nicht so hinterher gewesen, wie es ihm möglich gewesen wäre. Seit vier Jahren engagierte er sich bei einer mormonischen Gemeinde und stieg zum Missionsleiter auf. Nun muss der Angeklagte mit langjähriger Haft rechnen. Der Prozess geht am 3. April weiter.

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