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Prozess: Mutter wegen versuchter Kindstötung vor Gericht

Eine psychisch kranke Frau soll ihrem Sohn mindestens 14-mal Exkremente gespritzt haben. Seit Donnerstag muss sie sich dafür vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Wegen versuchten Mordes an ihrem damals eineinhalbjährigem Sohn muss sich seit Donnerstag eine 30-jährige Frau vor dem Berliner Landgericht verantworten. Die Mutter ist angeklagt, im Herbst 2007 versucht zu haben, ihren körperlich und geistig zurückgebliebenen Jungen während eines Krankenhausaufenthaltes durch verunreinigte Spritzen zu töten. Die Angeklagte wollte sich zu Prozessbeginn zum Vorwurf noch nicht äußern.

Die unter einer seltenen Persönlichkeitsstörung, dem sogenannten Münchhausen-Stellvertretersyndrom leidende Frau soll ihrem Sohn zwischen dem 6. Oktober und 7. November 2007 mindestens 14 Mal eigene Exkremente über einen Veneneingang am Hals injiziert haben. Die Mutter habe den Tod ihres Jungen in Kauf genommen, um "im Sinne ihrer Erkrankung selbst mehr Aufmerksamkeit zu erhalten", sagte der Staatsanwalt. Das Münchhausen-Stellvertretersyndrom ist eine schwere seelische Störung, bei der Mütter an ihren Kindern Krankheiten vortäuschen oder willentlich erzeugen.

Spritze mit Kotresten wurde bei einem Besuch im Krankhaus gefunden

Der Junge wurde damals wegen einer Entwicklungsstörung sowie einer Vireninfektion im Krankenhaus behandelt. Aufgrund der gespritzten Darmbakterien hatte sich der Gesundheitszustand des Kindes lebensbedrohlich verschlechtert. Es musste auf die Intensivstation verlegt werden. Bei einem Besuch wurde bei der Angeklagten dann eine Einwegspritze gefunden, die mit Kotresten verunreinigt war. Um nicht die Kontrolle über ihr Kind zu verlieren, soll sich die Frau anfangs noch gegen die Verlegung gewehrt haben. Auf der Intensivstation sind Besuche stark reglementiert.

Ein Familiengericht hatte der Mutter später den "unbewachten Umgang" mit ihrem Sohn untersagt. Der Vater des Kindes hat inzwischen das alleinige Sorgerecht für den mittlerweile Dreijährigen. Vor Gericht wollte der Ehemann der Angeklagten am Donnerstag nur in Anwesenheit eines Zeugenbeistandes aussagen. Seine Vernehmung wurde daher auf einen anderen Verhandlungstag verschoben.

Sorgerecht des Jungen wurde dem Jugendamt übertragen

Der 40-Jährige hatte die Ärzte, die seinen Sohn damals behandelt hatten, für die Verhandlung zunächst von ihrer Schweigepflicht entbunden, dies aber wenige Tage vor Prozessbeginn überraschend widerrufen. Das Gericht hatte daraufhin kurzfristig beim zuständigen Familiengericht eine einstweilige Verfügung erwirkt, wonach dem Kindesvater im Hinblick auf die Erklärung zur Schweigepflicht das Sorgerecht entzogen und dem Jugendamt übertragen wurde. "Das Wohl des betroffenen Kindes" sei andernfalls gefährdet, hieß es zur Begründung.

Da eine Stellungnahme des Jugendamtes ausstand, konnten zu Prozessbeginn zwei Krankenschwestern noch nicht als Zeugen gehört werden. Die Angeklagte reagierte mit einem Befangenheitsantrag auf das Vorgehen des Richters. Eine Entscheidung darüber wurde noch nicht gefällt. Der bis Juni terminierte Prozess wird am 30. April fortgesetzt. (jz/ddp)

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