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Prozess: Schulmädchen vergewaltigt – neun Jahre Haft

Das Berliner Landgericht ordnete Sicherheitsverwahrung für einen 27-jährigen Serientäter an. Der Mann hatte jahrelang Schulkinder sexuell missbraucht.

Beim Anblick kleiner Mädchen überkam es ihn plötzlich. Mathias R. beging über Jahre hinweg Taten, die einem Horrorszenario glichen. „Jeder kann sich vorstellen, wie sehr sich das Leben der Opfer verändert hat, wie sehr es belastet ist“, sagte gestern der Vorsitzende Richter. Der 27-jährige Sexualtäter wurde wegen einer Serie von Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch von Schulkindern zu neun Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Außerdem ordnete das Landgericht Sicherungsverwahrung an.

„Gott sei Dank“, sagte die Mutter eines der fünf Mädchen, die Mathias R. missbraucht hatte. Die Frau saß während des gesamten Prozesses gegen den Peiniger ihrer Tochter im Gerichtssaal. Sicherungsverwahrung, Haft nach der Haft. Das war ihre Hoffnung. „Damit Sie Kindern nie wieder solche Dinge antun können“, hatte sie dem Angeklagten ins Gesicht gesagt. Der junge Mann mit blassem Gesicht, akuratem Seitenscheitel und hängenden Schultern nahm die Worte ohne erkennbare Regung auf. „Ich möchte mich bei allen Opfern entschuldigen“, sagte er in seinem Schlusswort, in dem er um eine Strafe unter zehn Jahren und ohne Sicherungsverwahrung bat.

Seine Masche war immer dieselbe. Der Mann mit pädophiler Neigung fing seine Opfer auf dem Heimweg von der Schule ab. Hatten die Mädchen die Haustür geöffnet, zwang er sie in den Keller – teilweise mit einem Messer. Die Serie von Übergriffen in Marzahn und Hellersdorf hatte am 23. November 2000 begonnen. Mathias R. war 21 Jahre alt, als er zum ersten Mal ein zehnjähriges Mädchen von hinten packte. Nach der Vergewaltigung musste das zu Tode geängstigte Kind bis zehn zählen, damit er ungestört fliehen konnte. Zuletzt ließ der Gelegenheitsarbeiter am 15. September 2003 ein elfjähriges Opfer bis tausend zählen.

Mathias R. hatte keine unbeschwerte Kindheit. Er kam erst in ein Heim, dann in eine andere Familie. Als dort Alkohol eine zunehmende Rolle spielte, ging er. Als er volljährig war, suchte er den Kontakt zur leiblichen Mutter. Bei der ersten Tat war er auf dem Weg zu ihr, als es beim Anblick eines Mädchens plötzlich „klick“ in seinem Kopf machte, so beschrieb es der Angeklagte selbst. Sein Gewissen habe sich nach einem zweiten „Klick“ wieder eingeschaltet. Das sei kurz nach der Tat gewesen. „So war es immer“, sagte er. „Ich weiß nicht, was mich damals geritten hat.“

Der Angeklagte sei derzeit gefährlich für die Allgemeinheit, sagte der Vorsitzende Richter. Er unterliege seinem Trieb. „Gegenwärtig ist er nicht in der Lage, den Trieb zu beherrschen.“ Damit folgte das Gericht einem Gutachten. Gegenüber dem Psychiater hatte der voll schuldfähige Mathias R., wie später im Prozess, die Taten umfassend eingestanden. Er fühle sich aber nicht zu kleinen Mädchen hingezoge, er sei Opfer von Gelegenheiten geworden, schätzte der Verurteilte selbst ein.

Mathias R. ist redegewandt. Er hatte keine Scheu, in seinem Schlusswort das gericht um eine Chance zu bitten. „Wenn ich nicht mehr raus darf, kann ich nicht beweisen, dass ich mich geändert habe“, meinte er. Kein Mensch sei fehlerfrei. „Mir ist mein Verbrechen bewusst.“ Er wolle eine Therapie beginnen und dann als „anständiger Mensch“ leben. Auch der Verteidiger hatte um eine Chance für Matthias R. gebeten. Aber die Richter sahen es wie der Gutachter. Seine Therapiebereitschaft werde dem Mann mit pädophiler Neigung zwar helfen. Eine Sicherheit aber könne daraus nicht gewonnen werden.

Kerstin Gehrke

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