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Prozessauftakt: Säugling zu Tode geschüttelt

Nach dem Tod ihres sechseinhalb Wochen alten Säuglings müssen sich seit Freitag die Eltern vor dem Berliner Landgericht verantworten. Gegen den Vater werden schwere Vorwürfe erhoben, doch bisher schweigen die jungen Eltern zu den Anschuldigungen.

Den Angeklagten wird Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der 23-jährige Vater ist angeklagt, den Jungen am Morgen des 23. Januar so heftig geschüttelt zu haben, dass das Kind starb. Die ein Jahr jüngere Mutter soll die Misshandlungen des Kindes geduldet haben. Die Eltern schwiegen zum Prozessauftakt. Ihre Anwälte kündigten Stellungnahmen für den nächsten Verhandlungstag an.

Laut Anklage hatte die Kindesmutter ihren Lebenspartner bereits in der Nacht zuvor beobachtet, wie er den Jungen schüttelte. Dennoch soll sie das Kind am Morgen dem Vater wieder überlassen haben. Vom Badezimmer aus hörte sie den Angaben zufolge "hysterische Schreie" ihres Kindes. Nach Rückkehr ins Kinderzimmer habe sie den Vater in "höchster Erregung" vom Bett aufstehen sehen, auf dem das leblos wirkende Baby lag, hieß es.

Obduktion: Ältere Hämatome

Die Mutter alarmierte die Feuerwehr, doch die Hilfe kam zu spät. Infolge der Misshandlungen erlitt das Kind schwere Hirnverletzungen und starb bei Einlieferung ins Krankenhaus. Die Eltern wurden festgenommen und sitzen seither in Untersuchungshaft. Bei der Obduktion stellten Rechtsmediziner ältere Hämatome am Körper des Kindes fest, die auf frühere Misshandlungen deuten. So soll es im Alter von nur zwei Wochen vom Vater in den Bauch geschlagen worden sein.

Es spreche vieles dafür, dass die Anklage zutreffend sei, sagte der Anwalt der Kindesmutter am Rande des Prozesses. Entscheidend sei jedoch, wie "die Untätigkeit" der 22-Jährigen juristisch zu bewerten sei. Nach Angaben des Verteidigers hatte die Hebamme, die das Kind beim Baden auch nackt sah, "nichts bemerkt". Bei ihren regelmäßigen Besuchen sei die 22-Jährige "liebevoll" mit dem Kind umgegangen. Auch die Wohnung habe nicht verwahrlost gewirkt, fügte der Anwalt hinzu.

Misshandlungen schon kurz nach der Geburt?

Im Ermittlungsverfahren hatten die Eltern unterschiedliche Angaben gemacht. Eine erste Aussage der Kindesmutter, wonach sie den Partner bei der Misshandlung beobachtet hatte, wurde von ihr später widerrufen. Nach Angaben einer Kriminalbeamtin hatte die 22-Jährige in ihrer Vernehmung berichtet, derartige Misshandlungen "schon etwa 14 Tage" nach der Geburt des Kindes beobachtet zu haben.

Sie sprach damals von Schütteln und mehrfachen Schlägen in den Bauch, "so dass es klatschte". Wenn das Baby schrie, habe der Mann das Kind dicht an sich gedrückt, so dass es kaum Luft bekam und nicht mehr schreien konnte. Der Kindesvater sei zudem oft "genervt und grob" zu dem Jungen gewesen, habe die Mutter ausgesagt.

Ihren damaligen Angaben zufolge hatte sie sich nicht getraut, etwas zu sagen. Die jungen Eltern kennen sich bereits aus der Schule. Seit der 9. Klasse sind sie ein Paar. Mit 16 wurde die Angeklagte das erste Mal schwanger. Ihr gemeinsames Kind gab das Paar zur Adoption frei. Das heute fünfjährige Mädchen lebt bei Pflegeeltern. Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt. (imo/ddp)

Beatrix Boldt[ddp]

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