zum Hauptinhalt
Update

Prügelattacke am Alex: Politiker fordern härteres Durchgreifen der Justiz

Nach dem tödlichen Angriff auf Jonny K. ist der mutmaßliche Haupttäter angeblich bereit, sich den deutschen Behörden zu stellen. Ein zweiter Verdächtiger musste indes wieder in Untersuchungshaft.

Zwei Wochen nach der tödlichen Prügelattacke vom Berliner Alexanderplatz ist ein zweiter Verdächtiger in Untersuchungshaft gekommen. Die Beschwerde gegen die Haftverschonung des 21-Jährigen habe Erfolg gehabt, teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit. Der Verdächtige hatte sich gestellt, der Haftbefehl gegen ihn war zunächst außer Vollzug gesetzt worden. Sechs junge Männer sollen den 20-jährigen Jonny K. attackiert haben.

Ein weiterer Verdächtiger im Alter von 19 Jahren sitzt ebenfalls in U-Haft. Bei einem dritten Verdächtigen hatte ein Haftrichter den Antrag auf Haftbefehl abgelehnt. Nach drei mutmaßlichen Komplizen wird noch gesucht. Einen 19-Jährigen, der die treibende Kraft des Überfalls gewesen sein soll, vermuten die Ermittler in der Türkei.

Als Konsequenz aus der tödlichen Prügelattacke am Alexanderplatz fordert der Vorsitzende des Innenausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Peter Trapp (CDU), ein härteres Durchgreifen der Justiz. Gegen Intensivtäter wie den mutmaßlichen Hauptverdächtigen im Fall Jonny K. müsse unbedingt ein Warnschussarrest verhängt werden, sagte Trapp im RBB-Inforadio am Montag. Eine solche Maßnahme müsse auch möglich sein, wenn lediglich eine Bewährungsstrafe zu erwarten sei. „Nur dann wird dem Täter bewusst, wohin ihn sein Leben führen könnte - nämlich in den Knast“, betonte der ehemalige Polizeibeamte.

Auch Anti-Gewalt-Seminare, wie sie der Hauptverdächtige absolviert hat, machten im Warnschussarrest mehr Sinn, weil dem Täter dann bewusst werde, wie eingeschränkt seine Freiheit sein könne.

Die tödliche Prügelattacke am Berliner Alexanderplatz, der vor knapp zwei Wochen der 20-Jährige Jonny K. zum Opfer fiel, könnte womöglich schon bald aufgeklärt werden. Der von der Polizei gesuchte Hauptverdächtige Onur U., der sich in der Türkei aufhält, kündigte an, sich in den nächsten Tagen den deutschen Behörden stellen zu wollen. Der Amateurboxer steht im Verdacht, mit mehreren jungen Männern in der Nacht zum 14. Oktober auf dem Alexanderplatz zwei Jugendliche angegriffen und einen von ihnen, K., bewusstlos geprügelt zu haben. Einen Tag später erlag der 20-Jährige seinen schweren Verletzungen. Am Sonntag nahmen mehrere hundert Berliner in einer Trauerfeier in Charlottenburg von Jonny K. Abschied.

In der „Bild“-Zeitung räumte U. seine Teilnahme an der Prügelattacke ein. Er habe aber nicht Jonny K., sondern den anderen Jugendlichen mit Fäusten geschlagen. „Von dem, der am Boden lag, habe ich nichts mitbekommen. Ich würde nie einen treten, der am Boden liegt. Das ist eine Frage der Ehre für mich“, sagte er dem Blatt, das ihn in der Nähe von Ismir aufgespürt hat. Doch die anderen Täter belasten ihn schwer. Dazu Onur U.: „Die haben sich doch abgesprochen, die wollen mir die Schuld geben, um von sich abzulenken.“

Die Ermittler gingen davon aus, dass Onur U. sich nach der Tat in die Türkei abgesetzt hat. Dazu sagte der Beschuldigte der „Bild“-Zeitung: „Das stimmt nicht. Ich bin nicht geflohen. Mein Vater hatte hier einen Termin wegen eines Grundstücks. Ich wollte ihn nicht allein fahren lassen. Ich komme nächste Woche nach Deutschland zurück, werde mich meiner Verantwortung stellen.“ Die Polizei fahndet derzeit noch nach drei weiteren mutmaßlichen Tätern, die namentlich bekannt sein sollen. Ein 19-Jähriger sitzt unter Tatverdacht in Untersuchungshaft. Wegen der Freilassung von zwei Verdächtigen im Alter von 19 und 21 Jahren hingegen gibt es heftige Kritik an den Justizbehörden.

Onur U. ist für die Justiz kein Unbekannter

Die beiden jungen Männer, die sich selbst bei der Mordkommission gestellt hatten, waren am Donnerstagabend vom Haftrichter wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Zwar war gegen einen 21-Jährigen wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge Haftbefehl erlassen worden, er wurde jedoch wegen seines Geständnisses und seiner sozialen und familiären Bindungen freigelassen. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Detlef Herrmann, nannte die Freilassung einen „Schlag ins Gesicht“ der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Haftrichters ein. Die Polizei fahndet derzeit noch nach drei weiteren Tatverdächtigen, die namentlich bekannt sein sollen.

Der mutmaßliche Haupttäter U. ist für die Berliner Justiz kein Unbekannter. In den vergangenen Jahrenwurde er nach Angaben eines Justizsprechers bereits mehrfach wegen Gewaltdelikten und Nötigung zu Jugendstrafen verurteilt. Dazu gehörten gemeinnützige Arbeit, Jugendarrest oder ein Anti-Aggressions-Training. Er sollte lernen, bei Wut auf Gewalttätigkeit zu verzichten.

Der letzte Übergriff des jungen Deutschen türkischer Herkunft liegt nur vier Monate zurück. Im Juni bedrängte er als Autofahrer einen Radler auf einem Radstreifen so stark, dass dieser beinahe stürzte. Onur U. hielt an, die beiden Männer gerieten in Streit, den U. mit einem Faustschlag beendete. Der Radler erlitt eine Gesichtverletzung. Bei der späteren Gerichtsverhandlung wurde Onur U. noch nach Jugendstrafrecht verurteilt, obwohl er bereits 19 Jahre alt war und sich als Heranwachsender verantworten musste. Er bekam zwei Wochen Jugendarrest, die er in der Arrestanstalt in Lichtenrade absaß. Zuvor war der Mann zwei Mal wegen anderer Gewaltdelikte verurteilt worden. Hinzu kommt eine Jugendstrafe wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz: Onur U. trug ein in Deutschland verbotenes Butterflymesser bei sich, als er von der Polizei überprüft wurde.

Der Berliner Boxer Oktay U. zeigt sich unterdessen entsetzt über die Gewalttat, die sein Neffe Onur U. begangen haben soll. Der „Berliner Morgenpost“ sagte er: „Es ist entsetzlich, ich habe Tränen in den Augen. Was mein Neffe getan hat, ist das Schlimmste, was einem Menschen angetan werden kann. Anstatt sich zu verstecken, sollte er sich sofort stellen, wie ein Mann.“ (TSP/dapd)

Zur Startseite