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Schwellentäter-Konzept: Eigene Sachbearbeiter für junge Serienschläger

Sie ziehen durch die Straßen und berauben andere Jugendliche: Junge Gewalttäter sind ein Problem in Berlin. Polizei und Staatsanwälte wollen die kriminellen Karrieren mit einem neuen Konzept stoppen.

Gewalttätige Jugendliche rauben in Berlin anderen Jugendlichen Geld, Markenkleidung oder Handys: Junge Gewalttäter sind ein Problem in der Stadt. Auch in diesem Jahr werden die Zahlen der Jugendkriminalität in der Polizeistatistik wieder ansteigen, prognostizierte Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag. Doch ab Januar 2008 wollen Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem „Schwellentäter“-Konzept im gesamten Stadtgebiet versuchen, junge Gewalttäter abzuschrecken. Damit sollen Jugendliche, die an der Schwelle zu einer kriminellen Karriere stehen, möglichst früh intensiv betreut werden.

Für junge Straftäter, die fünfmal zugeschlagen oder andere beraubt haben, wird dann jeweils ein fester Sachbearbeiter bei der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft zuständig sein. Diese Jugendlichen werden bei beiden Behörden als „Schwellentäter“ geführt, weil bei ihnen die Gefahr droht, dass sie weitere Delikte begehen und so relativ schnell zu sogenannten Intensivstraftätern werden. Diese haben zehn oder mehr besonders schwere Straftaten begangen und werden in der 2003 speziell für diese Klientel gegründeten Abteilung 47 der Staatsanwaltschaft betreut. Glietsch betonte, dass die Kategorisierung, wann ein junger Krimineller als Schwellen- oder Intensivtäter zu gelten habe, „nicht an starre Grenzen“ gebunden sei. Die Sachbearbeiter der Polizei und Staatsanwaltschaft bewerteten gemeinsam, ob eine negative Sozialprognose vorliegt. „Es kann dann auch schon mal sein, dass ein Krimineller mit vier schweren Taten als Schwellentäter geführt wird“, sagte Glietsch.

Damit wolle man möglichst früh kriminelle Karrieren junger Menschen stoppen, sagte Generalstaatsanwalt Ralf Rother. „Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie jemand zum Intensivtäter wird“, sagte Rother. Erprobt wurde das Konzept bereits seit dem Frühjahr. Bislang finden sich 170 solcher „Schwellentäter“ in der Kartei der Behörden. Die Zahl der Intensivtäter liegt derzeit bei 434. Insgesamt 50 Staatsanwälte aus der Jugendabteilung werden sich künftig um die Schwellentäter kümmern. Für diese jungen Straftäter heißt das: Sie werden zunächst einen „ständigen Begleiter von der Polizei“ haben, erklärte der Chef des Landeskriminalamtes, Peter-Michael Haeberer. Damit ist der Sachbearbeiter aus dem Bereich „täterorientierte Ermittlungen“ gemeint, der alle Sozialdaten über den Kriminellen sammelt. In der Akte werde nicht nur vermerkt, wann, wo und wie der junge Mensch schon einmal straffällig wurde, sondern auch, ob er die Schule besucht oder eine Ausbildungsstätte. Es würden sämtliche Namen und Telefonnummern von Freunden registriert und sofort Fotos des jungen Kriminellen angefertigt, „damit er bei seiner nächsten Tat möglichst von den Opfern wiedererkannt werden kann“, sagte Haeberer. „Wir machen aus diesem Schwellentäter eine gläserne Person“, betonte der LKA-Chef. Und dies werde dem Straftäter in einer sogenannten Gefährdeansprache „ganz deutlich mitgeteilt“. Im Klartext: Dem Jungkriminellen wird gesagt, dass er fortan im Visier der Ermittler ist. Wird er noch mal straffällig, wird er wahrscheinlich im Gefängnis landen.

Die Akte der Schwellentäter werde alle drei Monate aktualisiert. Zudem sei der Sachbearbeiter bei der Polizei in engem Kontakt mit dem Zuständigen bei der Staatsanwaltschaft. Auch die Sozialarbeiter des Jugendamtes werden mit eingebunden. Intensiv begleitet werde der Schwellentäter im Übrigen auch, „wenn er in einer Haftanstalt sitzt oder sich auf einem Freigang befindet“, sagte Haeberer. Erst wenn ein Schwellentäter mindestens ein Jahr lang nicht mehr auffällig gewesen ist, „dann beginnt ganz langsam das Vergessen“, sagte Haeberer. Danach zeige sich dann, ob ein Straftäter wieder auf dem richtigen Weg ist und aus der Kartei gelöscht werden kann.

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