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Siemensstadt: Mysteriöser Missbrauchsfall in Spandau

Eine Dreijährige ist mit einer Geschlechtskrankheit infiziert worden. Die Kripo ermittelt, ob die Tat in der Kita geschah. Die Mutter hatte das Kind kurz vor Weihnachten wegen Beschwerden in ein Krankenhaus gebracht.

Ein schweres Sexualverbrechen hat bei Eltern von rund 100 Kindern, die eine Tagesstätte in Siemensstadt besuchen, große Besorgnis verursacht. Ein dreijähriges Mädchen ist dort möglicherweise bereits Mitte Dezember missbraucht worden. Bisher ist allerdings unklar, was tatsächlich geschehen ist und ob die Tagesstätte dabei eine Rolle spielt.

Polizeisprecher Bernhard Schodrowski bestätigte am Dienstag lediglich, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs eines Kindes gibt. Fest steht bisher, dass die Dreijährige an Gonorrhöe, die Infektion wird auch Tripper genannt, erkrankt ist. Die Mutter hatte das Kind kurz vor Weihnachten wegen Beschwerden in ein Krankenhaus gebracht, sagt Detlev Nagi, der Geschäftsführer des Kita-Eigenbetriebes Nordwest. Die Untersuchungen dort hätten ergeben, dass die Dreijährige an der Infektion, die fast ausschließlich durch sexuelle Praktiken übertragen wird, leide.

Als die Diagnose feststand und die Ärzte deshalb von einem Fall sexuellen Missbrauchs ausgingen, verständigten sie nach den Weihnachtsfeiertagen die Polizei. Aufgrund des Stadiums der Erkrankung gingen sie davon aus, dass sich das Mädchen Mitte Dezember infiziert haben musste. Zu dem, was damals geschah, gibt es nach Polizeiangaben bisher keine näheren Erkenntnisse. Spandaus Jugendstadträtin Ursula Meys (SPD) spricht von einem Fall mit „vielen Fragezeichen“. Das Jugendamt sei mit der Familie im Gespräch.

Ebenfalls nach Weihnachten hatte die Mutter eine Erzieherin informiert, die ihrerseits ihre Vorgesetzten unterrichtete, sagt Nagi. Obwohl es keinen konkreten Hinweis auf eine Tat in der Kita gab, wurden nach dem Ferienende am 5. Januar die Elternvertreter der Tagesstätte informiert. Wenige Tage später fand eine Elternversammlung statt, an der die Mütter und Väter von rund 70 der dort betreuten Kinder teilnahmen. Gemeinsam mit Vertretern des Kinderschutzbundes wurde darüber diskutiert, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen ergriffen werden können. Für die Kita wurde daraufhin unter anderem beschlossen, die Tür von 9.30 bis 14 Uhr verschlossen zu halten. Besucher müssen seither klingeln und sich bei den Erzieherinnen anmelden. Ein zusätzlicher Zaun soll verhindern, dass Kinder in einen unübersichtlichen Teil des Gartens gelangen.

Nachdem die Kripo zunächst in anderer Richtung ermittelt habe, sei man erst am 13. Januar darüber informiert worden, dass nunmehr auch die Kita als möglicher Tatort in Betracht komme, sagt Detlev Nagi. Die männlichen Mitarbeiter hätten sich dann freiwillig einer Untersuchung unterzogen. „Seit dem 20. Januar wissen wir, dass keiner von ihnen als Täter in Betracht kommt“, sagt der Geschäftsführer. Auch drei Firmen und vier Einzelpersonen, die sich in den zurückliegenden Wochen beruflich in der Tagesstätte aufgehalten hatten, wurden ermittelt und überprüft. Alle Betroffenen ließen sich ebenfalls untersuchen und konnten inzwischen als Verdächtige ausgeschlossen werden.

Einen solchen Fall habe er in seiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt, sagte Nagi, der zuvor beim Spandauer Jugendamt arbeitete. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen sei nicht völlig zu verhindern, dass auch Fremde in Schulen oder Kitas gelangen, sagt Stadträtin Meys. „Ein Restrisiko bleibt immer.“ Eine Familie in Siemensstadt ist so verunsichert, dass sie ihr Kind nun aus der Kita genommen hat.

Rainer W. During

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