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Großhändler_Arikoglu_2000

© Mike Wolff

Türkischer Großhändler: Ohne Beweise als Betrüger angeprangert

Offenbar schlampige und diskriminierende Ermittlungen des LKA haben den Ruf eines türkischen Geschäftsmannes aus Kreuzberg ruiniert. Die Behörde hat sich nun entschuldigt, aber das hilft dem Großhändler wenig.

Offenbar schlampige und diskriminierende Ermittlungen des Landeskriminalamtes (LKA) haben den Ruf eines türkischen Geschäftsmannes aus Kreuzberg ruiniert. Die Ermittler hatten den 44-jährigen Ibrahim Arikoglu fälschlicherweise eines geplanten Kreditbetruges bezichtigt, ohne dafür Belege zu haben.

Wie Arikoglu berichtet, liefen die Geschäfte seiner Großhandels-Gastronomiefirma ohne erkennbaren Grund seit Februar 2007 immer schleppender: Bestellte Ware wurde nicht geliefert, Geschäftspartner verhielten sich seltsam. Mitte Mai erklärte ein Lieferant ihm dann am Telefon, woher seine Pechsträhne kam: Die LKA-Ermittler hatten hinter Arikoglus Rücken seine Geschäftspartner angeschrieben. Man verdächtige ihn des geplanten Kreditbetrugs. Das Schreiben, das an etwa 70 Firmen und Organisationen ging, lässt kaum Zweifel an der Schuld Arikoglus zu. Es endet mit dem Satz: „Sollten Sie bereits Strafanzeige (gegen Arikoglu) erstattet haben, bitte ich um Mitteilung (...) des Aktenzeichens.“

Arikoglu war schockiert. „Seit ich meine Firma vor sieben Jahren gegründet habe, gab es noch nie Probleme mit der Justiz.“ Er hat 15 Angestellte und einen Jahresumsatz von sechs Millionen Euro. Wie aus den Akten seines Anwaltes Cem Asilik hervorgeht, hatte seine weiße Weste die LKA-Beamten nicht interessiert. Die Ermittler hätten stattdessen einem anonymen Telefonanrufer vertraut, der mit türkischem Akzent einen „bevorstehenden Kreditbetrug einer Firma in der Wrangelstraße 100 in Kreuzberg“ ankündigte. Warum die Beamten aus den über 50 Unternehmen, die in dem dort befindlichen Gewerbehof gemeldet sind, ausgerechnet Arikoglus Firma auswählten, ist bis heute ungeklärt.

Anwalt Asilik vermutet, die Beamten hätten einen Zusammenhang zwischen dem Akzent des Anrufers und der Staatsbürgerschaft seines Mandanten hergestellt. Dafür spricht, dass die Beamten in ihrem Warnbrief, den sie kurzerhand an die Geschäftspartner Arikoglus verschickten, besonders auf dessen Staatsbürgerschaft hingewiesen hatten. Weil viele Empfänger – darunter Genossenschaften und Verbände mit großen E-Mail-Verteilern – die Warnung des LKA weiterleiteten, entwickelte sich eine Kettenreaktion. „Innerhalb weniger Tage gingen die Anschuldigungen durch ganz Deutschland“, klagt Arikoglu.

Inzwischen musste die Polizei eingestehen, dass Arikoglu unschuldig war. Nachdem der Großhändler vor dem Verwaltungsgericht klagte, verpflichtete sich die Polizei in einem Schlichtungsgespräch zu einem Entschuldigungsbrief, der in diesen Tagen verschickt wurde. Darin gestehen die Ermittler ihre Fehler ein: „Die Verdachtsmomente haben sich nicht erhärtet.“

Zu spät. Der Ruf Arikoglus scheint ruiniert. Arikoglu ist infolge der Anschuldigungen in psychologischer Behandlung. Sein Anwalt bereitet gegenwärtig eine Schadenersatzklage gegen das Land Berlin vor.

Die Polizei stellte gestern klar, dass dem LKA „mehrere, voneinander unabhängige und nicht anonyme Hinweise“ vorlagen. Sie betonte jedoch, dass sie es „ausdrücklich bedauert“, wenn Arikoglu aufgrund der Ermittlungen ein Rufschaden entstanden sei, und wies darauf hin, dass allen Angeschriebenen mitgeteilt wurde, der Verdacht gegen den Geschäftsmann habe sich nicht erhärtet.

Der Grünen-Abgeordnete Öczan Mutlu hat wegen des Falles eine Anfrage an den Senat gestellt. Er glaubt, die Polizei habe türkische Geschäftspartner ohne Grund als ebenfalls verdächtig eingestuft.

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