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U-Bahn-Schläger: Körting kritisiert Berliner Justiz

Innensenator Körting hat sich kritisch zur Haftverschonung für den 18-jährigen U-Bahn-Schläger geäußert. "Derartige Entscheidungen können dazu beitragen, das Recht von den Menschen zu entfremden", sagte der SPD-Politiker.

Berlin - Körting verwies darauf, dass es – anders als vom Richter entschieden – nach der Strafprozessordnung wegen der Schwere der Tat durchaus möglich sei, eine Haftunterbringung anzuordnen, auch wenn keine Flucht- oder Verdunklungsgefahr vorliege. Der Haftrichter hatte den Oberschüler entgegen eines Antrags der Staatsanwaltschaft freigelassen. „Bei der Schwere der Tat klafft zwischen dem, was allgemeines Rechtsverständnis der Bevölkerung ist, und der Entscheidung des Gerichts eine Lücke“, kritisierte Körting.

Die Freilassung des Gewalttäters gegen Meldeauflagen hat in Berlin zu heftiger Kritik geführt. Verwiesen wurde etwa auf die Gewalttat im Berliner Bahnhof Lichtenberg, wo Mitte Februar mehrere Jugendliche einen Mann schwer verletzten. Die Jugendlichen sitzen seitdem wegen versuchten Mordes in Haft. Der 18-jährige Oberschüler hatte am vergangenen Sonnabend auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße einen 29-jährigen Handwerker schwer misshandelt und mehrfach gegen den Kopf getreten. Das Leben des Opfers wurde möglicherweise nur durch das beherzte Eingreifen eines Touristen gerettet. Gegen den 18-Jährigen wird nur wegen versuchten Totschlags ermittelt. Der Richter hielt ihm zugute, dass er nicht vorbestraft ist und sich selbst stellte.

„Der Täter hat sich doch nicht gestellt, weil er reuig ist, sondern weil er nach der Veröffentlichung des Videos wusste, dass er nicht unentdeckt bleiben wird“, sagte der Innensenator: „Das war die Reue des Ertappten.“ Körting mahnte an, „stärker darüber nachzudenken, was die Rechtsordnung zulässt und was Richter daraus machen“. Der SPD-Politiker sorgt sich auch um die Verhältnismäßigkeit bei der Ahndung von Straftaten. „Früher hatten wir Probleme, dass Steinewerfer vom 1. Mai nur sehr milde bestraft wurden. Das hat sich nach jahrelanger Debatte inzwischen erheblich geändert.“ Diese Täter säßen nun teilweise monatelang in Untersuchungshaft oder seien für einen Steinwurf zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.

Die unprovozierte Gewalttat auf dem U-Bahnhof sei deshalb „geeignet, das Bewusstsein bei Richterinnen und Richtern zu verändern“. Körting vertritt gegenwärtig die in Urlaub befindliche Justizsenatorin Gisela von der Aue. „Ich halte nichts davon, so etwas anzuweisen“, sagte Körting zur Kritik, dass die Staatsanwaltschaft bislang keine Beschwerde gegen die Haftverschonung eingelegt hat. „Politik ist gut beraten, derartige Entscheidungen der zuständigen Staatsanwaltschaft zu überlassen.“

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