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Umfrage: Gewalt gegen Homosexuelle nimmt zu

Schwule Männer werden häufiger zu Opfern von Gewalt als bislang angenommen. Rund 40 Prozent der bei einer Online-Studie befragten Männer berichten von Übergriffen - rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Viele trauen sich zudem nicht, zur Polizei zu gehen, weil sie Vorurteile bei den Behörden befürchten.

Die Gewalt gegen homosexuelle Männer in Berlin nimmt offenbar zu. Bei einer aktuellen Befragung von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Erwachsenen berichteten 43 Prozent von Gewalterfahrungen, im Vorjahr waren es 39 Prozent. An der nicht repräsentativen Online-Studie des schwulen Anti-Gewalt-Projektes "Maneo" hatten den Angaben zufolge 2150 Berliner teilgenommen. Bundesweit beteiligten sich 17.500 Männer, 40,6 Prozent von ihnen meldeten Vorfälle - knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten berichteten von Bedrohungen, 8,6 Prozent wurden tätlich angegriffen und erlitten Körperverletzungen.

"Maneo"-Projektleiter Bastian Finke beklagte, die vorurteilsmotivierte Gewalt sei "erschreckend weit verbreitet". Die Berliner Zahlen zeigten zudem, dass die von "Maneo" betreuten Fälle nur die Spitze des Eisbergs seien. Die Opferberatung hatte im vergangenen Jahr 187 Fälle mit schwulenfeindlichem Hintergrund registriert. Der Ansprechpartner der Berliner Polizei für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Uwe Löher, sagte, die "Maneo"-Studie deute darauf hin, dass schwule Männer häufiger Opfer von Gewalt würden als bislang angenommen.

Schlechte Erfahrungen mit ignoranten Behörden

Laut Löher erreichen die Polizei nur selten Hinweise auf Straftaten mit schwulenfeindlichem Hintergrund. Der "Maneo"-Studie zufolge haben über 60 Prozent der homosexuellen Männer kein Vertrauen in die Polizei. Finke sagte, viele von ihnen hätten schlechte Erfahrungen mit ignoranten Beamten gemacht. Er forderte intensivere Fortbildungen für Berliner Polizisten. Löher betonte indes, dass die Präventionsarbeit und der Opferschutz bereits wesentlich verbessert worden seien.

Die Berliner Polizei hat unterdessen vor dem Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke in Tempelhof erstmals eine Regenbogenfahne gehisst. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte, damit zeige die Berliner Polizei ihre Bereitschaft, Homosexuellen ohne Vorurteile und Vorbehalten zu begegnen und sie vor Kriminalität zu schützen.

Der Christopher Street Day (CSD), der am Samstag sein 30-jähriges Bestehen feiert, greift mit dem Motto "Hass du was dagegen?" das Thema Hasskriminalität gegen Homosexuelle auf. CSD-Vorstand Jan Salloch sagte, er sei "entsetzt" über das Ergebnis der "Maneo"-Studie. Schwule würden tagtäglich begafft, beleidigt oder angegriffen. Berlin habe den Ruf einer weltoffenen Stadt. "Davon sind wir aber noch ein ganzes Stück entfernt", sagte Salloch. Eine politische Forderung des diesjährigen CSD seien schärfe Strafen für Hasskriminalität.

Till Erdtracht[ddp]

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