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Urteil: Ex-Terroristin muss Geldstrafe zahlen

Eine 65-jährige ehemalige RAF-Terroristin soll 225 Euro zahlen. Mit der milden Strafe schien sie durchaus zufriden. Weitere Urteile im Autozündler-Prozess werden noch erwartet.

Lediglich eine kleine Portion Widerstand blieb aus Sicht des Gerichts am Ende von den Vorwürfen übrig. Lächelnd hörte Inge Viett das Urteil. Die ehemalige RAF-Terroristin soll eine Geldstrafe von 225 Euro zahlen. Fast schien es, als wäre die Rentnerin, die in der linksextremen Szene als eine Art Ikone gilt und in den vergangenen Jahren immer wieder bei autonomen Demonstrationen zu sehen war, mit dem Schuldspruch mit milder Strafe durchaus zufrieden.

In dem zweitägigen Prozess ging es um eine Protestaktion gegen das Gelöbnis von Bundeswehrrekruten vor dem Reichstag am 20. Juli 2008. Viett war kurz darauf ein Strafbefehl ins Haus geflattert. Sie sollte wegen versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eine Geldstrafe von 2400 Euro zahlen. Sie legte Einspruch ein. Den Gerichtssaal nutzte sie dann als Bühne, um in alter Klassenkampfmanier gegen Militär und Regierung zu wettern. Zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußerte sie sich aber nicht.

Gelöbnis-Gegner wollten vom Platz der Republik aus mit Sirenengeheul aus Lautsprechern die Zeremonie stören. Nachdem die Beamten die Störer erfolglos aufgefordert hatten, dies zu unterlassen, schnitt die Polizei Kabel durch. Es wurde turbulent. Ein Mann sollte festgenommen werden. In der Anklage hieß es, Viett und eine weitere Frau hätten an der Kleidung des Verdächtigen gezogen. Von der Szene gibt es Videoaufzeichnungen. Die Hand der Ex-Terroristin tauchte tatsächlich auf. Für die Richterin aber eine „beschwichtigende Geste“.

Nach dem Vorfall allerdings sei es zu einem strafbaren Widerstand gekommen. Als Beamte ihre Personalien feststellen wollten, habe sich die 65-Jährige „gegen die Laufrichtung gestemmt“. Eine Strafe von 15 Tagessätzen zu je 15 Euro soll sie zahlen. „Klassenjustiz!“, fauchte ein Sympathisant der Ex-Terroristin. Viett hatte sich in den Siebzigern der „Bewegung 2. Juni“ angeschlossen. Die Terror-Gruppe entführte 1975 den damaligen Berliner CDU-Chef Peter Lorenz. 1980 wechselte Viett zur RAF, 1981 schoss sie in Paris einen Polizisten an, tauchte danach in der DDR unter und wurde 1992 wegen Mordversuchs zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Krawalle bei Demonstrationen, Attacken auf Polizisten, Autobrände – fast täglich laufen derzeit im Moabiter Kriminalgericht Prozesse gegen mutmaßliche Linksextremisten. Mai-Randalierer erhielten zum Teil deutliche Gefängnisstrafen. Zu jeweils drei Jahren und drei Monaten wegen versuchter Körperverletzung wurden zwei 19-Jährige verurteilt, die einen Brandsatz warfen. Dass auch der Wurf einer gefüllten Plastikflasche auf einen Polizisten zu einer harten Sanktion führen kann, erlebte am Mittwoch ein 29-Jähriger, der sich nach Ausschreitungen bei der gescheiterten Besetzung des Flughafens Tempelhof verantworten musste: Ein halbes Jahr Gefängnis erging gegen den vorbestraften Angeklagten.

Auf wackliger Beweislage stehen dagegen zwei Prozesse um Autozündeleien, die heute fortgesetzt werden. Im Falle von Christoph T. (23), der drei Monate in U-Haft saß, hoben die Richter nach dem ersten Verhandlungstag den Haftbefehl auf. Heute könnte das Urteil fallen.

Kerstin Gehrke

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