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Urteil: Junge lebte im Dreck: Gefängnisstrafe für Mutter

Müllberge überall, das Wohnzimmer ein verdrecktes Tiergehege: Eine 39-Jährige aus Wedding muss zehn Monate ins Gefängnis, weil sie ihren zweijährigen Sohn vernachlässigt hatte.

Polizisten hielten erst den Atem an: Die Wohnung der 39-jährigen Frau, gegen die sie einen Haftbefehl vollstrecken sollten, war eine hygienische Katastrophe. Müllberge überall, die Fußböden verschmiert, das Wohnzimmer ein verdrecktes Tiergehege mit zwei Hunden, zehn Katzen, einer Vogelspinne, einem Papagei, einer Echse und diversen Insekten. Entsetzen löste das Kinderzimmer aus: Im Dreck saß ein zweijähriger Junge.

Sieben Monate Haft lagen hinter der Frau aus Wedding, als sie am Dienstag wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vor Gericht stand. Dagmar J. sprach nicht viel über ihren Sohn, der jetzt bei seinem Vater lebt. Es ging vor allem um die Tiere. „Die sind mir über den Kopf gewachsen“, sagte sie. Hilfe habe sie nicht angenommen. „Ich habe auch nicht darum gebeten, war seelisch in ein Loch gefallen.“ In der Wohnung sei es zwei Monate „so extrem“ gewesen – Tierkot, verschimmelte Lebensmittel, hunderte Zigaretten. Dabei war sie gewarnt. Dagmar J. hatte bereits ihrem heute zehnjährigen Sohn ein Leben in einer total verwahrlosten Wohnung zugemutet. Im Sommer 2006 wurde er aus dem Chaos gerettet und lebt seitdem, wie die älteste Schwester, bei der Großmutter. Ein Amtsgericht hatte die arbeitslose Frau zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Weil sie daran geknüpfte Auflagen nicht erfüllte, wurde die Bewährung widerrufen und Haftbefehl erlassen.

Zum Glück für den zweijährigen Sohn kam die Polizei. Die Mutter habe seine Gesundheit gefährdet, sagte der Richter. Allerdings habe sie es nicht aus Boshaftigkeit getan. „Sie hat es nicht geschafft, Hilfe anzunehmen.“ Auch wenn sie „positive Ansätze“ zeige, komme eine Strafe auf Bewährung nicht mehr in Frage: Wegen erneuter Verletzung der Fürsorgepflicht ergingen zehn Monate Haft. K.G.

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