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Linke Demonstranten protestieren.

© Archivfoto: ddp

Verfassungsschutzbericht: Körting fordert Ausgrenzung linker Gewalttäter

Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für 2009 fordert Innensenator Körting, dass Veranstalter von Demonstrationen Distanz zu Militanten zeigen sollten. Zudem dürfe die Gefahr des islamistischen Terrorismus nicht aus den Augen verloren werden.

Von Frank Jansen

Keine Entwarnung, aber ein Lichtblick: Die Autozündelei in Berlin ist in diesem Jahr bislang weniger heftig als 2009. Die Polizei habe bis zum Stichtag 14. Juni insgesamt 97 Brandstiftungen gegen Kraftfahrzeuge registriert, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das vergangene Jahr. Von den 97 Taten seien nur 16 politisch motiviert gewesen, bei den übrigen handele es sich um Vandalismus. Im Jahr 2009 hatte die Polizei laut Körting 320 Fälle gezählt. Davon wurden 145 Brandanschläge Extremisten, zumeist linken, zugerechnet. Trotz der niedrigeren Zahlen in den ersten fünfeinhalb Monaten dieses Jahres sei er „nicht so verwegen zu sagen, der Spuk ist vorbei“, sagte Körting. Die Gewaltbereitschaft der Autonomen bleibe hoch.

Der Senator verwies auf die Böllerbombe, die am Sonnabend bei der Demonstration unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ auf Polizisten geworfen worden war. Zwei Beamte erlitten schwere Verletzungen und mussten im Krankenhaus stationär behandelt werden. Am Dienstag konnten die beiden Polizisten aus dem Krankenhaus entlassen werden. Körting appellierte an die Veranstalter von Demonstrationen, „nicht nur hinterher Bedauern zum Ausdruck zu bringen, wenn jemand verletzt wird“, sondern eine klare Distanzierung von Gewalt zu äußern. Das fehle ihm, sagte der Senator. Die Veranstalter müssten Teilnehmer ausgrenzen, „die eine Demonstration ausschließlich missbrauchen“.

Das Spektrum der Autonomen und sonstigen gewaltbereiten Linksextremisten ist 2009 allerdings nicht gewachsen. Der Verfassungsschutz spricht in seinem Bericht von 1100 Personen, darunter 950 Autonome. Die Polizei stellte im vergangenen Jahr 417 linke Gewaltdelikte fest, das ist ein beträchtlicher Anstieg gegenüber 2008 (171).

Die Gesamtzahl aller Linksextremisten hat sich mit 2220 gegenüber dem Vorjahr (2200) kaum verändert. Auffällig ist allerdings, dass der Verein „Rote Hilfe“, der sich um festgenommene Linke kümmert, enorm gewachsen ist (2009: 540 Mitglieder, 2008: 410). Als Grund vermutet der Verfassungsschutz die vielen Solidaritätskampagnen für inhaftierte Täter und Tatverdächtige aus der linken Szene.

Trotz der Zunahme linker Gewalt dürfe die Stadt nicht die Gefahr aus dem Auge verlieren, die vom islamistischen Terrorismus ausgehe, sagte Körting. Im vergangenen Jahr sei die Bundesrepublik mit einer „beispiellosen Medienkampagne“ konfrontiert worden. Die islamistische Terrorszene habe 24 Videodrohbotschaften an Deutschland gerichtet, zum Teil auch in deutscher Sprache. Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid erwähnte, dass in einem Drohvideo, das Al Qaida zuzuordnen ist, das Brandenburger Tor gezeigt wurde. Auch Anfang 2010 blieb Berlin im Fokus des islamistischen Terrors. Die usbekische Gruppierung IBU verbreitete im Januar ein Video, in dem ein Kämpfer eine Mörsergranate zeigt und droht, „so Gott will, fliegt diese hier nach Berlin“. Außerdem starb Ende April ein junger Konvertit aus Reinickendorf, Danny R., in Pakistan bei einem Gefecht mit Soldaten. Die Ausreise von Islamisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet halte an, sagte Körting. Dies betreffe auch Berlin, Zahlen wollte er nicht nennen. Er betonte jedoch, in diesem Jahr sei die Propagandaoffensive des islamistischen Terrorspektrums gegen Deutschland weniger massiv als 2009.

Um der Radikalisierung von Muslimen entgegenzuwirken, werde er weiterhin „auch zu problematischen Moscheen gehen“, sagte Körting. Anders seien gerade junge Leute nicht zu erreichen. Laut Verfassungsschutz sind den „legalistischen“ islamistischen Gruppierungen in Berlin unverändert 3000 Personen zuzurechnen. Die meisten (2900) gehören der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs“ an.

In der rechtsextremen Szene hat die NPD ihre führende Rolle an das Milieu der 550 Neonazis verloren. Die Partei selbst zählt noch 300 (2008: 330) Mitglieder. Bei den Neonazis gelten die Autonomen Nationalisten als treibende Kraft, inzwischen haben sie auch den Jugendverband der NPD im Griff. Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten schrumpfte 2009 auf 1760 (1880) Personen.

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