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Von Berlin nach Bangladesh: Berliner Polizei ermittelt wegen Zwangsheirat von 19-Jähriger

Der Paragraf 237 ist ein ebenso neuer wie selten angewandter Passus im Strafgesetzbuch. Er stellt Zwangsheirat unter Strafe. Doch genau deswegen laufen jetzt Ermittlungen der Berliner Polizei, nachdem sich eine 19-jährige Frau aus Bangladesh bei den Sicherheitskräften am Flughafen Tegel meldete.

Doch nun gibt es den Fall einer geplanten Zwangsheirat in Berlin. In allerletzter Sekunde hatte sich eine 19-Jährige - kurz vor dem Abflug in Tegel - an Mitarbeiter der Körper- und Handgepäckkontrolle gewandt, die wiederum Bundespolizisten alarmierten. Diesen sagte die junge Frau, dass sie, wie berichtet, mit ihrer Mutter nach Bangladesch gebracht und dort verheiratet werden solle. Sie sei zuvor körperlich misshandelt und in Angst versetzt worden, um der Heirat zuzustimmen. Wie ein Polizeisprecher sagte, sei die junge Frau „völlig in Tränen aufgelöst“ gewesen und regelrecht zusammengebrochen. Sie sei sofort von ihrer Mutter getrennt und in Sicherheit gebracht worden, und zwar in ein Berliner Frauenhaus. Ihre Angaben seien glaubhaft gewesen, hieß es bei der Polizei, die 19-Jährige habe nach der Beichte geradezu erleichtert gewirkt.
Von der Mutter wurden nach Angaben der Polizei die Personalien aufgenommen, auch diese habe den Flug über die Türkei nach Bangladesch dann abgesagt. Die Ermittlungen hat die Berliner Polizei übernommen. Ob es mittlerweile ein Ermittlungsverfahren gegen die Mutter der 19-Jährigen gibt, wollte die Polizei nicht sagen.

Auch Männer können das Opfer sein

Im Jahr 2013 hat es in Berlin genau vier Ermittlungsverfahren wegen einer Zwangsheirat gegeben, 2012 waren es elf. Der Straftatbestand wurde 2011 im Zusammenhang mit dem „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften“ eingeführt. Strafbar war Zwangsheirat zuvor ebenfalls, wurde jedoch als spezieller Fall der Nötigung gewertet. In der Kriminalstatistik für das Jahr 2012 werden einige Details genannt: So gab es in den elf abgeschlossenen Verfahren 17 Tatverdächtige und 13 Opfer, darunter ein Kind (unter 14) und zwei Jugendliche (unter 17). Drei der volljährigen Opfer waren Männer. Die Tatverdächtigen stammten aus dem Irak, Rumänien und der Türkei. Noch seltener als die Fälle in der Kriminalstatistik sind solche Momente am Flughafen. Zuletzt gab es 2008 einen vergleichbaren Fall, als ein Libanese mit zwei 18 und 19 Jahre alten Frauen in den Libanon fliegen wollte. Hier hatte die Polizei zuvor einen anonymen Hinweis bekommen und griff nach dem Einchecken in Tegel ein. Um die jungen Frauen soll sich damals der Verein „Hatun und Can“ gekümmert haben, der nach dem Ehrenmord an

Hatun Sürücü gegründet worden war. Der Verein hat sich, wie berichtet, nach dem Bekanntwerden eines massiven Spendenbetruges selbst aufgelöst. Polizisten bringen in Fällen wie diesem oder von häuslicher Gewalt die Opfer in Frauenhäuser; die Adressen kennt jeder Streifenpolizist; die Adressen werden ansonsten geheimgehalten. Der Senat finanziert die Frauenhäuser in diesem und dem kommenden Jahr mit jeweils drei Millionen Euro.
In Potsdam ist in dieser Woche im ersten Brandenburger Verfahren überhaupt, ein Türke zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden, weil er nach Überzeugung des Gerichts seine Tochter gegen ihren Willen verheiratet hatte.

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