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Von der Aue: Jetzt erst recht

Kokain-Schmuggler, entlassene Dealer, Medikamentenskandal: Justizsenatorin von der Aue hat Ärger ohne Ende. Das alles scheint sie aber nicht zu kümmern.

Es hätte ganz anders kommen können für Gisela von der Aue. Es hätte nicht so kommen müssen, dass die Senatorin für Justiz sich nach zehn Monaten im Amt gegen Kritik von allen Seiten wehren muss. Doch zurzeit ist eines ganz klar: Die 58 Jahre alte Sozialdemokratin ist im Senat von Klaus Wowereit das am heftigsten attackierte Mitglied – und längst ist es nicht mehr nur die Opposition, die „Skandal, Skandal“ ruft und das Ansehen der Justizsenatorin bei jeder Gelegenheit zu schwächen versucht.

Dass sich ein Politiker Feinde gemacht hat, zeigt sich gern am Wochenende. Auf dunklen Wegen finden Nachrichten ihren Weg in die Öffentlichkeit, die Krach machen, wenn sonst nicht viel los ist. Seltsam, dass der Streit zwischen dem Land Brandenburg und seiner ehemaligen Rechnungshofpräsidentin gerade am vergangenen Sonnabend bekannt geworden ist. Wer hat das erzählt? Am Sonntag dann die Nachricht von drei Kokainschmugglern, die aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, weil „die Justiz“ geschlampt hat. Da wollte jemand den Gerichtsbeschluss öffentlich machen – einer, der wusste, wie so etwas wirkt.

Nun wird sich die Senatorin wieder auf die Suche machen nach denen, die solche Nachrichten verbreiten. Das ist ihre bevorzugte Methode im Umgang mit Ärger – und ein Teil ihres Problems. Inzwischen sagen viele, die sich in der Berliner Justiz auskennen, dass von der Aue die Leute serienweise gegen sich aufbringt, aber keinen Verbündeten gewinnt. Sie sei eben „Rechnungshofpräsidentin“, heißt es spitz. Das soll bedeuten: ein Kontrollfreak. Sie hat es versäumt, den komplizierten Apparat mindestens in Teilen für sich einzunehmen und zu gewinnen.

Dabei sprach anfangs alles für sie. Der sogenannte Medikamentenskandal war ein Relikt ihrer Vorgängerin Karin Schubert. Aber von der Aue redete sich nicht heraus, sondern langte zu: Aufklärung, Öffentlichkeit, Durchleuchtung der Verhältnisse von außen, ein Konzept zur Lösung der Probleme – die Angelegenheit ist inzwischen erledigt. Und wie es in der Politik eben auch ist: Erfolge werden erwartet und beschwiegen.

Es ist, als sei das alles der Senatorin nicht wichtig. Ihr Verständnis von Problemlösung – auch das zeigte die Medikamtenaffäre – hat einen rabiaten Zug. Ihr Staatssekretär, eine Ikone der Berliner Justiz, verlor seinen Job. Aber der Mann hatte Freunde in der Verwaltung – und die sind noch im Amt. Als Nächstes nahm sich von der Aue einen Oberstaatsanwalt vor, dessen Äußerungen in einem „Spiegel“-Interview ihr missfielen.

Roman Reusch gehört zu den motivierten Ermittlern in der Berliner Justiz, auch wenn das, was er über seine „Kunden“, die Intensivtäter, zu sagen pflegt, nicht in jedes sozialdemokratisch geprägte Weltbild passt. Die Senatorin maßregelte ihn. Das brachte die Ständeorganisation der Staatsanwaltschaft gegen sie auf. Dass es Jugendrichter gibt, die auf Missstände im Vollzug hinweisen, verfolgt die Senatorin mit Argwohn – statt zu versuchen, die Kritiker für sich einzunehmen. Dann die Drogen- und Handyschmuggelgeschichte in Plötzensee: Da warfen sich Justiz und Polizei gegenseitig vor, an der Gefängnismauer zu wenig getan zu haben.

Ärger überall – und kaum einer macht sich stark für die Justizsenatorin. Das scheint sie nicht zu kümmern. Mehr als einmal hat von der Aue deutlich gezeigt, was sie vom Berliner Justizapparat hält. Sinngemäß sagte sie dann, sie wisse, dass an der Justiz gespart worden sei – aber Berlin müsse eben sparen, und dazu habe auch die Justiz ihren Beitrag zu leisten.

Fertig, aus. Die Statistik gibt ihr recht, wie sie dem Finanzsenator Thilo Sarrazin recht gibt, wenn er Bundesländervergleiche anstellt: Der Justiz-Betrieb ist nicht schlecht ausgestattet. Doch er ist, jedenfalls in Teilen, demotiviert. Mancher wartet nur auf von der Aues nächsten Fehler.

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