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''Warnschuss''-Debatte: Trotz Wiederholungstat keine U-Haft

Wiederholter schwerer Diebstahl - aber kein Geständnis: Die Rechtslage erlaubt nicht, zwei 19-jährige Einbrecher zur Abschreckung einzusperren.

Drei junge Männer versuchen, eine Wohnungstür aufzubrechen. Das scheitert, sie werden aber wenig später von der Polizei festgenommen. Dabei stellt sich heraus, dass zwei von ihnen, beide 19 Jahre alt, tags zuvor einen Wohnungseinbruch vollendet hatten. Dabei waren sie auf eine seit Tagen in der Wohnung liegende Leiche gestoßen und geflüchtet. Einer hatte überdies der Polizei am Telefon einen Hinweis auf den Toten gegeben. So geschehen ist das in der zweiten Hälfte dieser Woche.

Die „Bild“-Zeitung brachte am gestrigen Sonnabend ein Foto von Fatmir A. und Khaled M. Offenherzig, mit erkennbarem Gesicht, sahen sie in die Kamera. Nur ein weiterer „Kumpel“ wollte wohl nicht erkannt werden, sein Gesicht ist unkenntlich gemacht. Der Text über die jungen Männer, die „beim Einbruch ’ne Leiche gefunden“ haben, beginnt so: „Immer wieder haben sie es gemacht: Tür aufbrechen, in die Wohnung rein, Geld und Schmuck einpacken und wieder raus.“

Doch auch wiederholter schwerer Diebstahl ist kein Grund dafür, dass die mutmaßlichen Täter in Untersuchungshaft müssen. Fatmir A. und Khaled M. und zwei weitere junge Männer, einer von ihnen ein Intensivtäter, seien „nach Abschluss polizeilicher Maßnahmen entlassen“ worden, erläuterte gestern ein Polizeisprecher. Keiner der vier habe bei der Festnahme – die allerdings nicht direkt vor der Wohnungstür erfolgte, ein Geständnis abgelegt. Da sei es „erfahrungsgemäß aussichtslos“, beim Ermittlungsrichter die Unterbringung in der Untersuchungshaft zu beantragen, so der Polizeisprecher.

Alle Diskussionen über „Warnschüsse“ ändern daran nichts: Die Rechtslage sieht Untersuchungshaft aus erzieherischen Gründen nicht vor. So erklärt es der FDP-Rechtspolitiker Sebastian Kluckert, der es „nicht erstaunlich“ findet, dass keiner der jungen Männer in Untersuchungshaft genommen wurde. Zwar gehöre die Wiederholungsgefahr zu den Gründen, die U-Haft rechtfertigen können – doch müsse diese Wiederholungsgefahr auch nachgewiesen werden. Das sei bei Gelegenheitseinbrechern wohl fast unmöglich.

Kluckert erinnerte daran, dass jeder mutmaßliche Straftäter bis zur gerichtlichen Feststellung der Schuld als unschuldig gilt. U-Haft bringe da erzieherisch nichts – in dem Sinn, dass jugendliche Straftäter einen ersten Eindruck von den Folgen krimineller Karrieren bekommen. Anders sei es mit dem „Warnschuss-Arrest“. Wichtig sei, dass straffällige Jugendliche schon ein oder zwei Wochen nach der Tat vor Gericht stehen.

So sieht es auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt. Er weist darauf hin, dass in Berlin mehr Zeit als im Bundesdurchschnitt vergeht, bis Angeklagte vor dem Richter stehen. Dabei wisse jeder Fachmann, dass vor allem jugendliche Straftäter möglichst schnell Folgen ihrer Handlungen spüren müssten.

Der CDU-Rechtspolitiker Sven Rissmann will deshalb „ergebnisoffen“ darüber reden, das Jugendgerichtsgesetz zu ändern, um möglichst schnell nach der Tat zum Beispiel Wochenendarrest zu verhängen. Die Rechtslage sehe U-Haft aus pädagogischen Gründen nicht vor, sagt Rissmann. Doch unmittelbare Sanktionen nach einem rechtsstaatlichen Verfahren können jungen Straftäter zeigen, wozu ihre Taten führen. wvb.

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