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Wilmersdorf: 15 Mal ohne Führerschein: Porschefahrer wieder frei

Am Dienstag ist ein Mann von einem Einsatzkommando aus seinem Porsche gezogen und festgenommen worden - wegen Fahrens ohne Führerschein. Nun ist der 28-Jährige wieder frei. Er soll zu einem arabischen Clan gehören.

Einen wie ihn holen keine Streifenpolizisten. Bevor Abdallah Abou-C. am Dienstag von einem Mobilen Einsatzkommandos auf der Pariser Straße in Wilmersdorf aus der zerschlagenen Scheibe eines Porsches gezogen wurde, war der als gefährlich eingestufte Mann observiert worden. Beamte hatten offenbar einen Tipp bekommen: Der 28-Jährige hat keinen Führerschein. Er soll bereits 14 Mal ohne Fahrerlaubnis erwischt worden sein – in der Nacht zum Dienstag nun zum 15. Mal. Einen Streifenwagen zu schicken, schien niemandem beim Landeskriminalamt ratsam. Der Mann gehört offenbar zum einschlägig bekannten Abou-C.-Clan.

Der offiziell Staatenlose werde wegen etwaiger Rotlichtaktivitäten beobachtet und habe „Bezüge zur Organisierten Kriminalität“, hieß es aus Justizkreisen. Noch am Dienstag ließ ihn die Polizei gehen – ohne Auto. Ob ihm der Porsche gehört und wovon er lebt, ist unklar. Der Staatsanwaltschaft zufolge ist Abdallah Abou-C. kürzlich wegen Zuhälterei zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt worden. Er ging in Revision, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Seit Jahren aktenkundig, wegen Zuhälterei angeklagt, als gewaltbereit und wegen Fahrens ohne Führerschein aktenkundig – wieso sitzt der Mann nicht in Haft, fragen einige. „Fahren ohne Führerschein ist kein Grund, jemanden in Untersuchungshaft zu stecken“, sagen übereinstimmend Strafverteidiger und Ankläger, „selbst dann, wenn der Mann ein bekannter Straftäter sein sollte.“ Abdallah Abou-C. habe einen festen Wohnsitz, Flucht- und Verdunklungsgefahr bestehe nicht, hieß es. Wer dauernd ohne Fahrerlaubnis erwischt wird, riskiert zwar später in einer Hauptverhandlung eine Haftstrafe. Bis jemand rechtskräftig verurteilt ist, gilt aber im Rechtsstaat die Unschuldsvermutung. „In Berlin sind viele Verurteilte auf freiem Fuß, bis sie ihre Haft antreten“, sagt der Charlottenburger Strafverteidiger Detlef Kolloge. Das funktioniere in den meisten Fällen problemlos, bestätigen Justizmitarbeiter.

Anwalt Kolloge kennt Männer aus dem sogenannten Milieu: Er vertritt einen der mutmaßlichen Köpfe des spektakulären Überfalls auf das Pokerturnier am Potsdamer Platz im vergangenen März. Der Staatsanwaltschaft zufolge steckte hinter dem Coup neben Kolloges Mandant auch ein Verwandter des Porschefahrers: Mohammed „Momo“ Abou-C., 31 Jahre, einschlägig bekannt. Die Abou-C.-Familie wird zu den arabischen Clans aus der Türkei und dem Libanon gezählt, die im Drogenhandel mitmischen sollen.

Die Polizeispitze hatte dem Eindruck widersprochen, sie sei diesen Kreisen gegenüber hilflos. „Es gibt libanesisch-kurdische Familien mit überdurchschnittlich vielen Mitgliedern, die Straftaten begehen“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Er räumte ein, dass es schwierig sei, in diese Strukturen vorzudringen, es gelinge aber: Sonst gäbe es „doch nicht hundert Ermittlungsverfahren gegen manche Angehörige“. Als im Juli libanesisch-palästinensische Kinder beim Heroinhandel erwischt wurden, hieß es, bekannte Clans hätten die Elf- und Zwölfjährigen beauftragt.Hannes Heine

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