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Berlin: Polizei schaut Taschendieben auf die Finger – mit Erfolg

Für Taschendiebe sind harte Zeiten angebrochen. Denn die vor zwei Monaten gegründete Sonderkommission „Tasche“ der Berliner Polizei arbeitet überaus erfolgreich.

Für Taschendiebe sind harte Zeiten angebrochen. Denn die vor zwei Monaten gegründete Sonderkommission „Tasche“ der Berliner Polizei arbeitet überaus erfolgreich. Bislang wurden 90 Täter festgenommen, von denen 56 Haftbefehl erhielten und teilweise schon in „beschleunigten Verfahren“ verurteilt wurden. „Das ist eine Super-Quote“, sagt der Chef der Soko, Frank Millert.

Bislang hatten Taschendiebe kaum etwas zu befürchten: Falls sie überhaupt festgenommen wurden, ließ die Justiz sie wieder laufen. Doch jetzt observiert die Polizei die Täter – und kann ihnen dann banden- und gewerbsmäßiges Vorgehen nachweisen. Und dann reagiert die Justiz mit Haftbefehlen. „Wer im Knast sitzt, klaut nicht“, sagt Millert. Der Kriminalrat hofft, durch die Soko schon in diesem Jahr die Zahl der Taten zu senken. 2004 wurden 18000 Fälle angezeigt und nur 2,7 Prozent aufgeklärt. Taschendiebstahl galt bislang wie Fahrradklau als Delikt, das nur „verwaltet“ wird.

Doch ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft hat die Polizei auf den befürchteten Ansturm reisender Diebe reagiert und die Soko gegründet. 62 Beamte spüren jetzt ausschließlich Dieben nach. Diese Zahl werde bei der WM noch erhöht, hatte Polizeipräsident Dieter Glietsch angekündigt. Die zivilen Ermittler werden während der WM rund um die Uhr im Einsatz sein, hieß es bei der Kripo.

Opfer sind nicht nur Touristen, denen im 100er-Bus das Portemonnaie aus der Tasche gezogen wird. Vielfach wurden ältere Berlinerinnen bestohlen. Ein Beispiel: die Lebensmittelabteilung Karstadt Hermannplatz am Donnerstag vergangener Woche. Eine sehbehinderte Seniorin steht mit ihrer Gehhilfe vor einem Regal. Ein junger Mann hält ihr ein Marmeladenglas dicht vors Gesicht und fragt sie etwas. Ein zweiter Täter zieht ihr das Geld aus der Tasche. Doch die Kamera zeichnet alles auf, ein Pole wird sofort festgenommen, der zweite nach kurzer Fahndung. Auch die Justiz reagiert schnell: Angesichts der glasklaren Beweislage durch die Videoaufnahmen werden beide im Schnellverfahren zu vier Monaten Haft verurteilt, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wird. Werden sie in dieser Zeit wieder erwischt, gibt es kein Pardon mehr. Schärfste Strafe waren bei der Soko bislang 15 Monate ohne Bewährung für einen Rumänen, der mit einer gestohlenen Kreditkarte Geld abgehoben hatte. Die Geheimzahl hatte er zuvor am Automaten ausgespäht.

Vor drei Tagen wurde ein Chilene festgenommen, der zuvor am Pariser Platz mit einer ebenfalls gestohlenen Karte Geld abgehoben hatte. Das Foto der Überwachungskamera hatten sich alle Zivilkräfte der Soko eingeprägt – prompt lief er einem der Beamten über den Weg. Auch er erhielt Haftbefehl. Die Karte hatte er in einem Hotelrestaurant aus einem aufgehängten Jackett gefingert. Auf diese Masche haben sich Südamerikaner und Nordafrikaner spezialisiert, auf Ausspähen und Nachlaufen dagegen Rumänen. Die dritte große Tätergruppe, die Polen, „macht alles“, so die Erfahrung der Soko.

Allen gemein sind Raffinesse und Fingerfertigkeit. Ein Schauspieler wurde kürzlich in einem Lokal in Mitte beklaut: Der Täter hatte ihm die Scheine aus der Geldbörse gefischt – und diese dann in der verschlossenen Tasche gelassen. Der Mann habe von dem Diebstahl erst erfahren, als die Polizei den Täter festnahm, sagte Millert.

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