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Berlin: Polizeichef entschuldigt sich

Es ist also doch etwas Besonderes, in Berlin in einem Bus rassistisch angepöbelt, geschlagen und schwer verletzt zu werden. Polizeipräsident Dieter Glietsch hat sich am Dienstag für Äußerungen seines Pressesprechers ausdrücklich entschuldigt.

Es ist also doch etwas Besonderes, in Berlin in einem Bus rassistisch angepöbelt, geschlagen und schwer verletzt zu werden. Polizeipräsident Dieter Glietsch hat sich am Dienstag für Äußerungen seines Pressesprechers ausdrücklich entschuldigt. „Das war bagatellisierend und völlig unangemessen“, sagte Glietsch.

Wie berichtet, waren zwei Jugendliche in der Nacht zu Sonntag in Steglitz ohne erkennbaren Anlass von mehreren Männern mit kurz geschorenen Haaren und Bomberjacken angegriffen worden. Eines der Opfer ist ein Iraner, sein deutscher Freund wollte ihn vor der Attacke schützen. Bei der Polizei hieß es am Montag dazu, der brutale Übergriff in einem Bus des S-Bahn-Ersatzverkehrs sei kein rechtsradikaler Angriff gewesen, sondern „eine kleine Schlägerei, wie sie öfter mal vorkommt“.

Bei der Besprechung mit seinen Führungskräften gelangte der Präsident zu einer anderen Einschätzung: Der für rassistisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz hat die Federführung übernommen. „Wir ermitteln, ob der Angriff einen fremdenfeindlichen Hintergrund hat“, sagte Glietsch. In den kommenden Tagen werde man alle Zeugen des Vorfalls vernehmen, um konkrete Anhaltspunkte für die Tätersuche zu bekommen. Bislang hatte nur ein Direktionsbeamter die Anzeige der verletzten Jugendlichen aufgenommen. Besonders ausführlich hielt der Polizist seine Ausführungen offenbar nicht. „Aus der Anzeige ging nicht hervor, dass auch rassistische Verbal-Entgleisungen im Bus gefallen waren.“

Laut Aussagen der Zeugen hatten die Schläger vor der Tat deutschnationale Sprüche gebrüllt und sich den Iraner gezielt als Opfer ausgesucht. Die Pressestelle der Polizei war davon offenbar nicht informiert . „Da hätte man sich mit der Bewertung des Falls zurückhalten müssen“, sagt Glietsch. Den Vorwurf, dass sich die Polizei grundsätzlich schwer tue, Gewalttaten der rechten Szene zuzuordnen, weist er zurück. Sobald Hinweise auf fremdenfeindliche oder rassistische Motive auftauchten, übernehme der Staatsschutz die Ermittlungen.

Die beiden Jugendlichen wurden von den Beamten gestern ausführlich zu dem Vorfall befragt. „Die Polizei ist jetzt sehr aktiv geworden“, sagte die Mutter von einem der Opfer dem Tagesspiegel. Zu Einzelheiten wollte sie sich vorerst nicht äußern. Offenbar hat die Polizei den Betroffenen von weiteren öffentlichen Stellungnahmen abgeraten.

In der Statistik der S-Bahn taucht in diesem Jahr nach Auskunft eines Sprechers nur ein vergleichbarer Vorfall auf: Im Januar sei ein Fahrgast zwischen den Stationen Frohnau und Hohen Neuendorf angegriffen worden. Allerdings sind weitere Vorkommnisse bekannt – etwa der Angriff mit einer Bierflasche auf einen 25-Jährigen, der einschritt, als eine Horde betrunkener Neonazis in einer voll besetzten S-Bahn antisemitische Parolen grölte und zwei Frauen anpöbelte. Auch in diesem Fall hatten andere Fahrgäste dem Opfer nicht geholfen. Ebenfalls im Februar war in einer Hellersdorfer Straßenbahn eine libanesische Familie von Rechtsradikalen bespuckt und geschlagen worden. Auch damals griff niemand ein.kf / obs

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