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Berlin: Polizeiführung gibt Versäumnisse am 1. Mai zu

Der Innensenator will trotzdem an der Deeskalation festhalten – er bekommt Lob von den Grünen, aber Kritik von CDU und FDP

Rund zwei Drittel der während der Krawalle in der Walpurgisnacht und am 1. Mai festgenommenen Gewalttäter waren bereits der Polizei bekannt. Der Behörde lägen Erkenntnisse von 132 der insgesamt 196 Personen vor, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dreizehn von ihnen seien wegen politischer Taten aus dem linken, acht aus dem rechten politischen Spektrum bekannt. Gegen 111 Festgenommene sei wegen kleinerer Delikte wie Ladendiebstahl ermittelt worden. Haftbefehle wurden gegen 56 Randalierer erlassen, 23 wurden von der Untersuchungshaft verschont.

CDU und FDP kritisierten die Polizeistrategie vom 1. Mai heftig: Das Konzept der Deeskalation habe versagt. Dafür trage Innensenator Ehrhart Körting die Verantwortung, sagte der Kreuzberger CDUAbgeordnete Kurt Wansner. Als die Ausschreitungen an der Mariannenstraße/Skalitzer Straße begannen, habe die Polizei zunächst nicht eingegriffen. Wansner berichtete, ein von ihm angesprochener Polizeiführer des Grenzschutzes habe ihm gesagt, er habe die ausdrückliche Anweisung, nicht einzugreifen. Sowohl Polizeipräsident Dieter Glietsch als auch der Gesamteinsatzleiter der Polizei, Alfred Markowski, betonten, es habe keine Anweisung gegeben, dass Polizeikräfte nicht eingreifen sollten. Allerdings räumte die Polizeiführung selbstkritisch ein, ihr Ziel, schnell an Brennpunkten zu sein, nicht immer erreicht zu haben. So konnten die Gewalttäter fast eine Stunde ein Autohaus an der Mariannenstraße demolieren und später an der Muskauer Straße eine Sparkassenfiliale. Gegen einen Beamten sei in diesem Zusammenhang Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet worden, sagte Glietsch. Er versprach, eine „sorgfältige Überprüfung“ des Einsatzes. Gleichzeitig wies er Behauptungen zurück, es habe bei der Vorbereitung auf den 1. Mai Vorgaben vom Innensenator auf die Einsatztaktik der Polizei gegeben.

Zwar war nach Erkenntnissen des Bündnisgrünen Wolfgang Wieland die „Jungtürken-Szene“ mit am aktivsten an den Ausschreitungen beteiligt, aber nur zehn der Festgenommenen sind nach Darstellung von Innensenator Körting türkischer Herkunft. Insgesamt waren 25 nichtdeutscher Herkunft, darunter ein Italiener und ein Österreicher. 171 festgenommene Randalierer sind Deutsche, davon kommen 146 aus Berlin, 14 aus Brandenburg und 8 aus Sachsen.

Innensenator Körting will an seiner Deeskalationsstrategie festhalten. Sie müsse aber in einigen Punkten verfeinert werden. Unterstützt wird er von den Grünen. Wolfgang Wieland sagte: „Die Strategie war richtig, über die Taktik an einzelnen Stellen muss geredet werden.“ Körting gab jedoch zu, mit der Deeskalationsstrategie die gewaltbereiten Jugendlichen nicht zu erreichen: „Wir brauchen ein Konzept gegen Gewalt in der Gesellschaft“, forderte er.

Für die FDP aber ist das „Konzept der ausgestreckten Hand“ gescheitert: „Das Konzept kann nicht richtig sein, wenn das Ergebnis falsch ist“, sagte deren Abgeordneter Alexander Ritzmann. Deeskalation ist seiner Auffassung nach der schlechteste Weg, weil „die Leute ihre Grenzen ausprobieren wollen“. Für den CDU-Abgeordneten Frank Henkel ist „das Deeskalationskonzept des rot-roten Senats im Steinhagel gescheitert“.weso

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