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Berlin: Polizeigewerkschaft gibt der SPD den Laufpass

GdP kooperiert mit der CDU und setzt damit die Sozialdemokraten unter Druck

Von Barbara Junge

Sein kleines rotes Buch hat Eberhard Schönberg schon vor drei Jahren an die Partei zurückgeschickt, mit freundlichen Grüßen. Jetzt scheint das Band zwischen dem Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und den Sozialdemokraten endgültig zu reißen. Die traditionell sozialdemokratisch orientierte Führungsmannschaft der Berliner GdP setzt inzwischen auf die Union. In der vergangenen Woche haben GdP und CDU-Fraktion eine „enge Zusammenarbeit“ vereinbart. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll ein 10-Punkte-Programm zur Sicherheit in Berlin erstellen. „Bei der SPD findet man wenige Menschen, die einem zuhören“, begründete Schönberg am Montag den politischen Schwenk, „und dann muss man eben etwas daraus machen“.

Die GdP macht mit ihrem ungewöhnlichen Schritt vor allem eines: Druck auf die Sozialdemokraten. Treffen zwischen Gewerkschaftsführung und Parteispitzen sind Routine. Auch Treffen mit der Polizeigewerkschaft. Dass sich die GdP jetzt aber zu einer derart offensiven Gemeinsamkeit mit der CDU bekennt – und das in Wahlkampfzeiten – sagt weniger über die Wertschätzung der CDU als über das Verhältnis zur SPD aus. Es herrscht offenbar Eiszeit. „Die Aufregung ist jetzt groß“, stellt Schönberg fest und fügt genüsslich an, „na, das soll sie dann auch sein“. GdP-Geschäftsführer Klaus Eisenreich, der letzte verbliebene Sozialdemokrat im Führungskreis der GdP, wird noch deutlicher: „Wir nutzen die Möglichkeiten, den Senat zu treiben.“

Bei dem zweistündigen Spitzentreffen von GdP und CDU holten die Gesprächspartner zu einem gemeinsamen Angriff auf den rot-roten Senat aus. Dieser, erklärten sie nach dem Treffen, vernachlässige „die Sicherheitsinteressen der Menschen in der Stadt sträflich“. Dabei sei die Innere Sicherheit ein Standortfaktor bei der Entscheidung von Unternehmen, sich hier anzusiedeln. Der Senat setze sich darüber hinweg und nehme „mit seiner Politik billigend in Kauf, dass die Stadt in weiten Teilen verwahrlost“. Dagegen müsse Widerstand organisiert werden.

Den Widerstand leisten die Gewerkschaft der Polizei und die Union auch im Wahlkampf. So will die GdP Veranstaltungen mit den Bundestagskandidaten der CDU organisieren. Ein Treffen zwischen Schönberg und dem bayerischen Innenminister und potenziellen Innenminister eines CDU-geführten Bundeskabinetts, Günter Beckstein (CSU), am Montagabend gehörte ebenfalls zu diesem Rahmenprogramm.

Bereits im Mai 1999 war Schönberg gemeinsam mit GdP-Vizechef Uwe Hundt, dem Landeskassierer Karl–Heinz Dropmann und dem Gewerkschaftssekretär Dieter Großhans aus der SPD ausgetreten. Schon damals sagte Schönberg zur Begründung, es falle ihm nach 26 Jahren in der Partei schwer, aber „es ist notwendig, um auch gegenüber der Öffentlichkeit klarzumachen, dass die Berliner SPD sich um den Problembereich Innere Sicherheit nicht ernsthaft kümmert“. Die SPD-Fraktion hatte kurz zuvor dafür gestimmt, die umstrittene Freiwillige Polizeireserve in einen niedrigschwelligeren Freiwilligen Polizeidienst umzuwandeln. Dennoch kooperierten SPD und GdP danach weiterhin.

Das ist heute anders. Seit die SPD auf eine Koalition mit der PDS zusteuerte, ist die GdP offen auf Konfrontationskurs. Dabei steht allerdings nicht die Distanz zu den Sozialisten im Vordergrund, sondern der harte Sparkurs der Koalition. Mit einer rollenden roten Walze (darauf die Bilder des Regierenden Bürgermeisters, des Innensenators und des Finanzsenators) warnte die GdP etwa vor der „Dreierbande“, die alles platt mache. Und als der Senat im April beschloss, Dieter Glietsch zum neuen Polizeipräsidenten vorzuschlagen, sagte Schönberg, nach dieser „Parteibuchentscheidung“ sei eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Seit vergangenem Mittwoch macht die GdP jetzt mit einer Unterschriftenaktion gegen den Senat mobil. „Seitdem die SPD diese Koalition führt, kann man konzeptionell nicht mehr mit den Sozialdemokraten reden“, sagt Eisenreich. Am heutigen Dienstag wird es dennoch ein Treffen mit der SPD-Fraktion geben. Auf der Tagesordnung stehen das Berliner Modell und die Polizeistrukturreform.

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