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Berlin: Polizist im Regierungsviertel niedergeschossen – der Täter floh Gesuchter Krimineller hatte sich im Bauwagen der neuen Kanzleramts-Wache versteckt

Ein Zivilpolizist ist gestern Abend niedergeschossen worden, als ein gesuchter Straftäter festgenommen werden sollte. Der 62-Jährige Rolf S.

Ein Zivilpolizist ist gestern Abend niedergeschossen worden, als ein gesuchter Straftäter festgenommen werden sollte. Der 62-Jährige Rolf S. hatte sich in einem Bauwagen in Sichtweite des Kanzleramts versteckt. Als sich drei Kriminalpolizisten näherten, öffnete der Mann die Tür und schoss sich sofort den Weg frei. Ein Beamter brach schwerverletzt zusammen, er befindet sich nach einer Notoperation außer Lebensgefahr. Im Virchow-Klinikum in Wedding wurde die Kugel aus dem Oberkörper entfernt. Eine Großfahndung nach dem Schützen blieb bis zum späten Abend ohne Ergebnis, große Hoffnung auf einen schnellen Erfolg hatten die Beamten nicht. „Der Täter kennt sich hier phantastisch aus“, sagte Einsatzleiter Wilfried Schalipp dem Tagesspiegel. Rolf S. lebe seit vielen Jahren in verschiedenen Hütten und alten Bauwagen in diesem Gebiet, derzeit seien drei „Anlaufpunkte“ des Mannes bekannt, alle im Bereich des Moabiter Werders und der Baustelle des Lehrter Bahnhofs.

Dringend war die Festnahme des 62-Jährigen an diesem Abend nicht. Der Haftbefehl war ausgestellt worden wegen Trunkenheit im Straßenverkehr, diese drei Monate sollte er jetzt absitzen. Dass er am Samstagabend vollstreckt wurde, sei Zufall hieß es. Die Kripobeamten des Abschnitts 34 hätten Zeit gehabt, die sollte genutzt werden, um Rolf S. festzunehmen. Die Moabiter Polizisten kennen den Mann seit langem wegen diverser Gewalt- und Rohheitsdelikte – vor allem gegen Polizisten. „Er ist mit allen möglichen Gegenständen auf uns losgegangen, immer wenn wir ihn angesprochen haben“, sagte Schalipp, der Wachleiter des Abschnitts 34, am Abend. Es sei bekannt, dass der Mann „aggressiv auf Polizisten reagiere“, allerdings habe er noch nie eine Schusswaffe eingesetzt. Deshalb hatten die drei Zivilpolizisten vermutlich auch keine schusssicheren Westen übergezogen, eine Bestätigung dafür gab es bis zum späten Abend aber noch nicht.

Der Koch vom nahe gelegenen Restaurant „Paris Moskau“ berichtete, dass der Mann lange als friedlich gegolten habe, „in letzter Zeit ist er rabiater geworden“. Er fahre häufig mit dem Fahrrad durch Moabit. Vor der Wende habe er schon am Washingtonplatz nahe der Moltkebrücke gehaust. Sein Geld verdiene er als Buntmetall- und Schrottsammler. „Ein Eremit“, sagt Schalipp.

Das Gelände zwischen Kanzlerpark, Spree und dem Stadtbahnviadukt ist extrem unübersichtlich. Eine Hundertschaft der Polizei durchsuchte das Gelände bis spät in die Nacht. Dort wird derzeit die Polizei- und Feuerwache für das Regierungsviertel gebaut. „Dsa ist schon komisch, dass wir jetzt unser eigenes Gebäude durchsuchen“, sagte Hauptkommissar Schalipp. Wie berichtet, war diese so genannte Regierungswache seit Baubeginn für das neue Regierungsviertel im Gespräch, der Baubeginn hatte sich durch Geldmangel lange verzögert. Im Frühjahr soll der Polizeiabschnitt 34 dorthin umziehen. Dann brauchen die Polizeiautos nur noch über die Moltkebrücke zu fahren – und schon sind sie vor dem Kanzleramt.

2003 sind etwa 900 Polizisten im Dienst verletzt worden. Die Hemmschwelle bei Gewalt gegen Beamte sinkt nach Beobachtungen der Polizei. Schüsse sind aber relativ selten. Im April 2003 wurde der SEK-Beamte Roland Krüger bei einer Festnahme erschossen.Mitarbeit: fan, clk, I.B.

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