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Die Eltern der getöteten Fabien Martini bei einem Verhandlungstag im Jahr 2020. 

© imago images/Olaf Wagner

Polizist rammte junge Frau mit Einsatzwagen: Urteil im Prozess zum Tod von Fabien Martini in Sicht

Im Berufungsprozess gegen den Polizisten Peter G. plädierte die Staatsanwaltschaft erneut auf eine Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung. Die Eltern hoffen auf eine höhere Strafe.

Nach rund dreimonatiger Verhandlung am Berliner Landgericht zeichnet sich ein Ende des Berufungsprozesses um den Unfalltod von Fabien Martini ab. Die Staatsanwaltschaft plädierte am Dienstag wie in der ersten Instanz auf eine Strafe von einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung für den angeklagten Polizisten. Peter G. sei viel zu schnell unterwegs gewesen und habe sich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht, steht für die Anklage fest.

Fabien Martini wurde 21 Jahre alt. Sie starb am 29. Januar 2018. Peter G. war kurz nach Mittag im Streifenwagen mit einem Kollegen zu einem Einsatz wegen eines gemeldeten Raubes unterwegs – mit Blaulicht und Martinshorn. Ein Fehlalarm, wie sich später herausstellte. 

Mit Tempo 130 ging es laut Ermittlungen durch den Tunnel in der Grunerstraße in Mitte. Dann sah G. den weißen Renault von Fabien Martini, bremste. Sie war mit ihrem Auto langsam von der mittleren Spur nach links zum Parken auf die Mittelinsel abgebogen.

Die Autofahrerin hatte keine Chance. Ihr Wagen wurde bei dem Zusammenstoß bis zur Hälfte zusammengedrückt. Fabien Martini starb noch an der Unfallstelle kurz hinter dem Autotunnel am Alexanderplatz. „76,2 Meter vor der Kollision hatte er noch eine Geschwindigkeit von 130 km/h“, sagte die Staatsanwältin nun in ihrem Plädoyer. „Er reduzierte das Tempo bei Tunnelausfahrt nicht.“ 

Mehrere Zeugen hätten geschildert, dass sie noch nie ein Einsatzfahrzeug mit einer derartigen Geschwindigkeit im Stadtverkehr erlebt hätten. Von einer „Geräuschkulisse wie bei der Autobahn“ sei berichtet worden, eine Passantin habe eine Druckwelle gespürt.

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Peter G. habe als Fahrer seine Sorgfaltspflicht verletzt, sagte die Staatsanwältin. Auch bei einer Fahrt mit Blaulicht und Martinshorn müsse stets geprüft werden, ob die Straße frei sei. „Die Verkehrslage dort birgt viele Risiken“, so die Staatsanwältin. G. habe die Verkehrs- und Sichtverhältnisse nicht im erforderlichen Maße berücksichtigt. Ein Tatnachweis, dass Alkohol am Steuer eine Rolle gespielt habe, konnte nicht geführt werden, erklärte die Staatsanwältin.

Fabien Martini hatte keine Chance und verstarb noch am Unfallort.
Fabien Martini hatte keine Chance und verstarb noch am Unfallort.

© Maurizio Gambarini/dpa

Einem Gutachten zufolge „wäre der Unfall bei einem Tempo von 113 bis 117 Stundenkilometern vermeidbar gewesen“. Der Beamte – ein erfahrener Polizist mit 33 Dienstjahren – sei „quasi im Blindflug durch die Berliner Innenstadt gerast“. Es liege kein Augenblicksversagen vor. 

Peter G. war im Dezember 2020 wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten hatten sowohl die Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft und Nebenklage Berufung eingelegt. Seit September prüft das Landgericht den Fall.

Die Eltern von Fabien Martini und ihr Bruder sind Nebenkläger. Sie hoffen auf eine deutlich härtere Strafe gegen den Beamten. Es sei einseitig ermittelt worden gegen das Opfer, sagte einer der Nebenklage-Anwälte. Die Fahrtauglichkeit des Angeklagten hinsichtlich einer alkoholischen Beeinflussung sei nach dem Unfall nicht „gerichtsfest festgestellt worden“. Ermittlungen seien nicht sachgerecht geführt worden. Im ersten Prozess forderte die Nebenklage vier Jahre Haft.

Der Angeklagte hatte auch zu Beginn des Berufungsprozesses geschwiegen. Einer der beiden Verteidiger hatte erklärt, ihr Mandant sei „persönlich und beruflich tiefgreifend beeindruckt“. Er befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung. Auf Freispruch plädierte der Anwalt in der ersten Instanz. Der Prozess geht voraussichtlich am Donnerstag mit weiteren Plädoyers weiter. 

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