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Berlin: Polizisten machten Hausbesuche bei Berliner Hooligans

BERLIN .Auf die Ausschreitungen deutscher Gewalttäter in Frankreich hat auch die Berliner Polizei reagiert.

BERLIN .Auf die Ausschreitungen deutscher Gewalttäter in Frankreich hat auch die Berliner Polizei reagiert.Sie lüftete gestern ihre Diskretion in dieser Sache.Schon in der vorigen Woche besuchten Polizisten eine Gruppe "ausgewählter Hooligans" in der Stadt und machten ihnen klar, "wir kennen euch", wie es bei der Polizei heißt.Die Männer wurden gewarnt, nach Frankreich zu fahren.Sollte es nach dem Spiel gegen Mexiko erneut zu Ausschreitungen kommen, will auch die Berliner Polizei ihre Aktionen verschärfen.Bekannte Gewalttäter würden dann Meldeauflagen erhalten mit der Drohung, sie bei Verstößen in "Gewahrsam" zu nehmen.

Nach den Ausschreitungen von Lens am vorletzten Sonntag hatte es auch in Berlin eine "ausführliche Rechtslage-Beratung" gegeben, erklärte dem Tagesspiegel gestern Polizeidirektor Michael Knape aus dem Führungsstab der Schutzpolizei.Wegen des Rechtsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei man zum Schluß gekommen, daß "wir nicht gleich mit der schärfsten Maßnahme beginnen können".Das wären etwa Meldeauflagen in Deutschland, um Hooligans an Ort und Stelle festzunageln, oder sogar Festnahmen, wie sie bereits in einigen anderen Bundesländern praktiziert wurden.Rechtsgrundlage sind immer die - unterschiedlichen - Polizeigesetze der Ländern.

In Berlin entschloß man sich zunächst nur zur "Gefährder-Ansprache" - ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen.19 ausgewählte Männer aus der 1300 Personen umfassenden Hooligan-Kartei der Stadt wurden einzeln vor der Fahrt nach Frankreich gewarnt.Bei weiteren Ausschreitungen soll das Instrumentarium allerdings stufenweise ausgeweitet werden.Etwa 50 Berliner Hooligans würden dann schriftlich aufgefordert werden, sich einmal pro Tag bei der Polizei ihres Wohnsitzes zu melden.

Hintergrund ist die Generalklausel des Berliner Polizeigesetzes, wonach die Behörden die "notwendigen Maßnahmen" bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung treffen kann.

Für Verstöße soll dann Unterbringungsgewahrsam angedroht werden.Das ist ein "Gewahrsam" direkt bei der Polizei, um unmittelbar bevorstehende Straftaten zu verhindern.Seine Dauer ist in Berlin auf zwei Tage beschränkt, in Bayern geht er bis zu 14 Tagen.Außerdem hat die Polizei für solche Fälle Zwangsgelder von 500 Mark für jeden Melde-Verstoß ins Auge gefaßt.Auch an eine "polizeiliche Beobachtung" nach dem Gesetz wird gedacht.Das ist praktisch eine Aufnahme in den polizeilichen Fahndungsapparat.

Würden allerdings vorher namentlich bekannte und ausgesuchte Hooligans in Gewahrsam genommen werden, wäre zuvor immer eine gerichtliche Entscheidung notwendig, betonte Knape.Die Polizei lege großen Wert auf verhältnismäßiges und rechtsstaatliches Vorgehen.Ihre umfangreichsten Erfahrungen hat sie bei dem hoch umstrittenen Einsatz bei der Weltbank-Tagung 1988 in Berlin gemacht.Damals wurden 552 Personen in Polizeigewahrsam genommen.Die Polizei ließ seinerzeit aus Sicherheitsgründen sogar U-Bahnen ohne Halt durch Bahnhöfe in der Innenstadt fahren.

Der Bundesgrenzschutz schließlich kann sogar die Ausreise aus Deutschland verweigern, wie das gestern in sechs Fällen geschah.Rechtsgrundlage ist das Paßgesetz, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Tagesspiegel sagte.Danach kann die Ausreise untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme begründen, daß die "innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland" gefährdet seien.Krawalle im Ausland zählt das Innenministerium dazu.

HANS TOEPPEN

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