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Berlin: Pony Pedros neue Freunde

Das „Kunstgehege“ bringt urbane Kultur in den Tierpark – und lädt zum Fest

Es lässt sich nicht leicht finden, das „Pony Pedro“: An den stoischen Bisons vorbei und hinter den Verlockungen des Streichelgeheges liegt das ehemalige Café zugewuchert und scheinbar vergessen. 15 Jahre stand der Pavillon im Tierpark Friedrichsfelde leer. Der Putz bröckelt, und auf der Terrasse stehen längst keine Tische mehr. Solchen diskreten Charme wissen die Grafiker der Siebdruckwerkstatt „Fleischerei“ zu schätzen, die ihre Räume in der Torstraße mit dem „Pony Pedro“ getauscht haben. Anlass ist der 50. Geburtstag des Tierparks, den sie mit Workshops, Konzerten, Performances und Theater begehen. Selbst Modeschauen am Streichelzoo wird es geben. „Kunstgehege“ nennt sich das Programm, das an diesem Wochenende mit einem Festival seinen Höhepunkt erlebt.

„Wie der Tierpark sind wir niedlich und sexy“, sagt Franziska Werner, eine Organisatorin. Niedlich: die Foto-Safari. Anhand von Detailaufnahmen können Kinder das passende Tier suchen. Gehört diese feuchte Schnauze einem Zweifingerfaultier oder doch eher einer Tüpfelhyäne? Über die Niedlichkeitsgrenze reicht ein Projekt hinaus, das die Siebdrucker mit etwa 300 Kindern seit Wochen auf die Beine stellen: Die Kinder zeichnen Tiere – am häufigsten Elefanten – und drucken diese vergrößert auf Papier. Hieraus soll einmal in einer exklusiven Mini-Auflage ein Kinderbuch entstehen.

Einen Bezug zum Tierpark haben alle Veranstaltungen. Beim Entwerfen der Kleider, die vor den Gehegen gezeigt werden, folgen die Studentinnen verschiedener Modeschulen dem Leitmotiv „Dressur und Zähmung“ – vermutlich fällt dieses Projekt unter die Rubrik „sexy“. Geschneidert wird im „Pony Pedro“, das nach einer Figur aus einem Kinderbuch von Erwin Strittmatter benannt ist.

Doch nicht nur das Tierische wird durch Kunst gehegt: Dem matten Glanz ostdeutschen Fernwehs spürt die Inszenierung „Rosenrot“ nach und erzählt vom fiktiven DDR-Country-Starlet Rockin’ Rose.

Den schönsten Aufführungsort hat P14, das Jugendtheater der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz: die riesige Freilichtbühne des Tierparks. Die sechs Jugendlichen üben sich dort in Bescheidenheit, platzieren die Zuschauer auf der Bühne und agieren selbst zwischen den Sitzreihen. Monatelang probt P14 schon, am „Plattenspiel“. Die Produktion handelt vom jugendlichen Leben „im Osten, in Deutschland, es geht um Einsamkeit, Liebe und Hass“, sagt Josephine, die den Text geschrieben hat. „Alles Themen, die auch in ,Verbotene Liebe’ vorkommen.“ Solch Understatement hinter soviel beeindruckender Eigeninitiative und Hingabe scheint typisch zu sein für das „Kunstgehege“-Projekt. Vielleicht liegt es an dieser Unaufdringlichkeit, dass ein Treffen zwischen den normalen Tierparkbesuchern und den Künstlern noch selten ist. Doch auf solche Begegnungen hoffen die Initiatoren. Am Festival-Wochenende werden das Pony Pedro und seine neuen Freunde schwer zu ignorieren sein.

Noch bis 31. Juli im Tierpark Friedrichsfelde, Festival heute und morgen, Programm unter www.kunstgehege.de

Daniel Völzke

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