zum Hauptinhalt

Potsdam und sein Bürgermeister: Ohje, OB

Tourismusabgabe, Bettensteuer, Mercure-Hotel: Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs ist mal wieder mit einem Vorhaben gescheitert.

Er hätte stinksauer sein müssen an diesem Tag. Doch als Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vergangene Woche nach den zwei gescheiterten Abstimmungen im Stadtparlament, bei denen nun doch keine Finanzierungshilfe der Stadt zur Pflege des Schlossparks Sanssouci beschlossen wurde, in die Pause eilte, wirkte er eigentlich ganz vergnügt. Nicht nur wie einer, der als gebürtiger Ostfriese stoisch veranlagt ist, und den in diesem Stadtparlament schon lange nichts mehr erschüttern kann. Da war vielmehr Genugtuung spürbar: Er hat es ja geahnt, er hat recht behalten.

Potsdam und seine Dauerbrenner: Die Tourismusabgabe für alle Gewerbetreibenden, die den sonst fälligen Obolus verhindern sollte, wollte Jakobs ursprünglich im Sommer beschließen. Die Mehrheit stand – eine außerhalb der Rathauskoalition aus SPD, CDU, FDP und Grünen, mit der er sonst regiert. Die Tourismusabgabe wollte Jakobs aber mit SPD und Linken durchbringen. Doch kurz vorher grätschte plötzlich der eigene SPD-Fraktionschef Mike Schubert dazwischen. Er erteilte Jakobs’ Tourismusabgabe eine Absage und präsentierte damals eine Alternative: die Bettensteuer.

Jakobs war verärgert, kritisierte den Vorstoß öffentlich und prophezeite das, was nun tatsächlich eintrat: Dass die Zeit zu knapp würde, dass neue Widerstände zu erwarten seien. Genauso kam es. Die von Schubert organisierte Mehrheit fiel in sich zusammen. Erst sprangen die Grünen ab, dann die CDU. Am Ende floppte Schuberts Bettensteuer wie Jakobs Tourismusabgabe. 2014 muss daher die Stadt Potsdam eine Million aus der eigenen Kasse an die Schlösserstiftung zahlen. Zahlt Potsdam danach nicht weiter, kommt der Parkeintritt.

Alles auf sein Kommando? Von wegen. Jann Jakobs tut sich nicht zum ersten Mal schwer in Potsdam.
Alles auf sein Kommando? Von wegen. Jann Jakobs tut sich nicht zum ersten Mal schwer in Potsdam.

© Manfred Thomas

Das alles ist symptomatisch für die Lokalpolitik in Brandenburgs Hauptstadt, in der gegenwärtig alles aus dem Ruder läuft. Ein paar Monate vor der Kommunalwahl hat keiner mehr die Lage im Griff, auch nicht der Oberbürgermeister. Am Mittwoch scheiterte ein weiteres Herzensprojekt: Die Vorbereitungen für einen Abriss des Mercure-Hotels. Das Stadtparlament stimmte für einen Neubau der Weißen Flotte am Fuße des Hochhauses, einen Klotz vis à vis des gerade aufgebauten Stadtschlosses, gegen eindringliche Warnungen vieler, zuletzt auch des Schlossarchitekten Peter Kulka. Und wieder war es SPD-Fraktionschef Mike Schubert, dessen Truppe nicht stand, der für die Bausünde stimmte, und damit die Pläne des SPD-Stadtoberhaupts torpedierte. Wieder kam der Schwenk kurz vor knapp.

Ja, es ist eine schwierige Beziehung im Potsdamer Rathaus. Hier Jakobs, der Signale und Warnungen überhört, einsam regiert, da ein völlig unberechenbares Stadtparlament – mit Konfusionen bis in die Rathauskoalition hinein, wo sich Jakobs nicht mal auf die eigenen Leute verlassen kann. Dass die CDU nun so Knall auf Fall alle Absprachen missachtet, mag noch Taktik sein. Die Kommunalwahl naht, die Partei hofft auf einen Erfolg dank Merkel-Bonus, will sich rechtzeitig von den Sozialdemokraten distanzieren. Doch manches ist schlicht unlogisch. So stimmte CDU-Fraktionschef Horst Heinzel sowohl für einen Antrag der Linken, der einen Flottenneubau am Mercure vorsieht, als auch für einen Antrag der Stadt, der einen Neubau am Bahndamm vorsieht. Kein Einzelfall.

Um so mehr rächt sich, wenn dann Jakobs patzt, nicht aufpasst, oder, so wie jetzt, auf stur schaltet. „All diejenigen, die heute weder für eine Tourismusabgabe noch für eine Übernachtungssteuer gestimmt haben, haben de facto für einen Parkeintritt gestimmt“, sagte er nach dem Debakel im Parlament. Er müsste nach Alternativen suchen, sich mit den Fraktionsspitzen zusammensetzen, eine konsensfähige Lösung erarbeiten. Stattdessen will er die Stadtverordneten bestrafen: Er verhängt zum 1. Januar eine Haushaltssperre, mit der unliebsame Kürzungen etwa bei Museen oder dem Theater verbunden sind. Und im Dezember will er einen Antrag einbringen, der ihn mit Verhandlungen mit der Stiftung beauftragt. Es wäre fast ein Wunder, wenn Jakobs im Stadtparlament ausgerechnet dafür eine Mehrheit fände. Denn das wäre der Beschluss, der den Weg für einen Eintritt im Park Sanssouci frei macht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false