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Berlin: Potsdamer Filzaffäre: Razzia bei den Stadtwerken

Untreueverdacht wegen Geheimbürgschaften für den klammen SV Babelsberg Stadt will den Fußball-Drittligisten mit Finanzspritze retten

Potsdam - Die Beamten rückten am frühen morgen in Potsdam zur Razzia an: In der Affäre um Geheimbürgschaften des Potsdamer Stadtwerke-Konzerns für den wegen Finanznot vom Zwangsabstieg bedrohten Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 ermittelt die Staatsanwaltschaft nun offiziell. Ex-StadtwerkeChef Peter Paffhausen steht unter Untreue-Verdacht. In der eilig angesetzten Aktion durchsuchten die Spezialisten für Wirtschaftsstraftaten die Geschäftsräume der Stadtwerke und des Fußballvereins – aber auch Paffhausens Privaträume. Dort beschlagnahmten sie Unterlagen und Daten.

Damit nicht in letzter Minute mögliche Beweismittel spurlos verschwinden, musste die Staatsanwaltschaft schnell handeln. Denn am Tag zuvor war bereits durchgesickert, dass die Ermittler nach den Enthüllungen über Paffhausens verdeckte Finanzspritzen zumindest die Aufnahme eines Verfahrens wegen Untreueverdachts prüfen. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte bereits Ende vergangener Woche bestätigen müssen, dass der vor zehn Tagen abgelöste Stadtwerkechef Paffhausen zwei Spielzeiten lang Etatlücken des Fußballvereins, in dem er selbst Aufsichtsratschef war, mit Bürgschaften der Stadtwerketochter „Energie und Wasser Potsdam“ (EWP) in Höhe von insgesamt einer Million Euro ausgeglichen hat. Das finanzielle Risiko für das Unternehmen soll Paffhausen allerdings ohne Wissen des Aufsichtsrates der EWP eingegangen sei. Jakobs, der auch Chef des EWP-Aufsichtsrates ist, gerät wegen der Ermittlungen nun zusätzlich in Erklärungsnot. Die Stadtverordneten wollen am heutigen Mittwoch von ihm wissen, ob er tatsächlich nichts von den Geheimbürgschaften gewusst hat. In der Kritik steht auch eine von Jakobs abgenickte Abfindung in angeblich siebenstelliger Höhe für Paffhausen. Ob das Stadtoberhaupt deshalb auch in das Visier der Ermittler rückt, ließ ein Sprecher der Staatsanwaltschaft offen. „Dafür ist es noch zu früh. Wir stehen erst am Anfang der Untersuchungen.“

Beim finanziell in Turbulenzen geratenen SV Babelsberg 03 besteht indes Hoffnung. Am Montagabend war Ex-Innenminister Rainer Speer als Präsident zurückgetreten und hatte den Weg frei gemacht für einen Neuanfang und den Klassenerhalt. Die Stadt will einen Rettungsschirm für den Verein aufspannen, die Drähte liefen am Dienstag im Büro von Oberbürgermeister Jakobs zusammen. Die rot-rote Mehrheit im Stadtparlament für einen Zuschuss von 700 000 Euro steht. Der Beschluss soll am Mittwoch fallen, um rechtzeitig die Auflagen des Deutschen Fußballbundes (DFB) für die Drittliga-Lizenz zu erfüllen. Die Frist verstreicht um 15.30 Uhr.

Um das zu erfüllen, hat Jakobs die Deutsche Kreditbank (DKB) für eine Bürgschaft gewonnen. Über die Höhe ist wenig bekannt: Zwischen „Auffüllen der Etatlücke“ bis hin zu 1,5 Millionen Euro sind im Gespräch. „Die Chancen auf den Verbleib des SV Babelsberg 03 in der dritten Liga sind auf weit über 50 Prozent gestiegen“, sagte Dieter Jetschmanegg, Büroleiter des Oberbürgermeisters. Sowohl die Bürgschaft als auch der Stadtzuschuss aus Gewinnausschüttungen der Stadtwerke sind an Bedingungen geknüpft: Ein Finanzierungskonzept, Einblick in die Vereinsbücher und Verwendungsnachweise.

Die Mitglieder des Fußballvereins dagegen reagierten am Abend auf einer Versammlung gespalten auf das Rettungsangebot. Der Vorstand will erst am heutigen Mittwoch nach einem Gespräch mit der Bank über den Verbleib in der dritten Liga oder den Zwangsabstieg in die Oberliga entscheiden. „Die Bedingungen der Bank sind problematisch“, hieß es.

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