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Berlin: Potsdamer Landtag bleibt bei Stasi-Thema uneins

Grüne und FDP verweigern sich gemeinsamer Resolution von CDU und Rot-Rot. Stobrawa soll gehen – aus Gesundheitsgründen.

Potsdam - Im Potsdamer Landtag ist am Mittwoch eine Erklärung anlässlich der Stasi-Überprüfung der Brandenburger Abgeordneten mit fast allen Stimmen von SPD, Linker und CDU verabschiedet worden. Brandenburgs Diktaturbeauftragte Ulrike Poppe rief zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem gesamten Machtsystem der SED auf. Es werde oft zu Recht beklagt, dass die Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu stark auf die Stasi fokussiert sei, sagte Poppe in der Debatte über den Abschlussbericht. Die zweite Stasi-Überprüfung der Landtagsabgeordneten seit 1991 sei dennoch ein „großer Schritt nach vorn“ hin zu mehr Transparenz, betonte die frühere DDR-Bürgerrechtlerin.

Der insbesondere von der CDU betriebene Versuch sich auf eine gemeinsame Haltung zu den Stasi-belasteten Abgeordneten zu verpflichten, ist allerdings an den Oppositionsfraktionen gescheitert. Die Abgeordneten der Grünen und der FDP stimmten wie auch zwei Christdemokraten dem Entschließungsantrag der drei großen Fraktionen nicht zu. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Axel Vogel und die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg gingen den Entschließungsantrag hart an. Er verschleiere die vorhandenen Unterschiede bei der Bewertung der Stasi-Vergangenheit von Abgeordneten. „Wahrhaftigkeit und Klarheit sind heute wichtiger als Gemeinsamkeit“, sagte Teuteberg. In Brandenburg hätten vier Fraktionen des Parlaments kein Problem mit der Stasi- Vergangenheit – SPD, CDU, Grüne und FDP –, aber die Linke ein ganz massives, sagte sie. Ein unabhängiges vierköpfiges Gremium war vom Landtag mit der Überprüfung der Abgeordneten beauftragt worden. „Diese Kommission hat uns mit ihrem Bericht noch einmal klargemacht, dass etwas nicht stimmt in diesem Landtag.“ Liberale und Grüne verweigerten deswegen die Unterschrift unter dem Antrag.

Das vor zwei Jahren eingesetzte Gremium hatte festgestellt, dass sechs Parlamentarier in der DDR Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen waren. Alle gehören der Linkspartei an, wobei der Lausitzer Abgeordnete Gerd- Rüdiger Hoffmann inzwischen die Landtagsfraktion aber nicht die Partei verlassen hat. Um diese Anfang des Jahres von der Kommission getroffenen Feststellungen gab es zunächst erheblichen Streit. Insbesondere die selbst schwer belastete Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Kerstin Kaiser, hatte den Bericht angegriffen. Der CDU-Generalssekretär Dieter Dombrowski, einst selbst von der Stasi inhaftiert und von der BRD freigekauft, ergriff die Initiative zu einer gemeinsamen Resolution, in der zwar die „schwere moralische Schuld“ der Abgeordneten festgestellt werden sollte, jedoch ohne weitere Konsequenzen.

SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher begrüßte ausdrücklich die Initiative aus den Reihen der CDU: Diese sei ein gutes Signal. Die Feststellungen der Kommission enthielten „keine Überraschungen mehr“. Mit Blick auf die Abgeordnete und einstige SED-Funktionärin Gerlinde Stobrawa, die weiterhin und im Gegensatz zu den Feststellungen der Kommission eine Spitzeltätigkeit bestreitet, sagte Holzschuher: Wer seine Wähler getäuscht habe, „sollte sich genau überlegen, ob und wie er das Mandat erfüllen kann“.Die Kommission hatte festgestellt, dass die 63-jährige Stobrawa als „IM Marisa“ für die Stasi Berichte geliefert habe.

Für die Linksfraktion berief sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Ludwig auf die Anstrengungen, die man unternommen habe, um das stalinistische Erbe der Partei zu überwinden.

Grüne und FDP hingegen hatten eine Unterschrift unter das Papier unter anderem verweigert, weil darin die belasteten Abgeordneten lediglich aufgefordert werden „sich weiter kritisch“ mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Im Fall  Stobrawas könne von einer kritischen Aufarbeitung nicht die Rede sein. Zudem lehnte es Grünen-Fraktionchef Vogel ab, ein Papier zum Thema Stasi-Aufarbeitung zu unterzeichnen, das auch von den belasteten Abgeordneten selbst unterzeichnet wurde. Zur seit längerem schwer erkrankten Stobrawa hatte die Linke am Dienstagabend nach eigener Auskunft einen Fahrer nach Bad Saarow geschickt, damit diese das Papier unterschreiben kann.

Stobrawa lehnt bisher eine Niederlegung ihres Mandats ab. Nach Informationen dieser Zeitung haben sich Linke und ihr Koalitionspartner SPD sich jedoch auf ein Verfahren geeinigt, wie Stobrawa wie von der SPD gewünscht, den Landtag verlassen könnte – ohne dass ihre Stasi- Tätigkeit als Grund gelten soll: Stobrawa, die dem Landtag seit 1990 angehört soll binnen der nächsten Monate aus gesundheitlichen Gründen ihr Mandat niederlegen. Nach Informationen des Tagesspiegels hat Stobrawa dem zugestimmt.

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