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Die Trümmer des Potsdamer Stadtschlosses werden weggefahren.

© Herbert Posmyk

Potsdams Stadtschloss: Aufgegangen in Ruinen

Der Fotograf Herbert Posmyk dokumentierte das Ende des alten Potsdamer Schlosses

Beim Blättern im Fotobuch über den Untergang des Potsdamer Stadtschlosses gibt es eine seltsame Verwandlung: Man meint, eine traurige, verfinsterte und im Nebel der Zeit verschwommene Melodie in Moll zu hören. Die Dokumentation von Sprengung, Abriss und Bewahrung einzelner Skulpturen lässt erahnen, welches Kleinod des friderizianischen Rokoko in Potsdams Innenstadt gleich mehrfach ausgelöscht wurde – erst durch alliierte Bomben am 14. April 1945, dann durch stramme Funktionäre im Potsdamer Stadtparlament Ende November 1959. Im Nachhinein ist klar, was auch für das Berliner Schloss galt: Ein kompletter Wiederaufbau der mitten in den Trümmerwüsten darniederliegenden Gebäude war faktisch nicht vermittelbar. Aber man hätte alles zur Sicherung der Bausubstanz und einigermaßen erhaltener Plastiken, Säulen und Flügel tun können. Doch die neuen Herrscher wollten das nicht. Die Reste der „Zwingburgen der Hohenzollern und des preußischen Militarismus“ hatten Aufmarschplätzen zu weichen – zurück blieben fassungslose Bürger oder Menschen, die beherzt mit ihren Kameras das Unglaubliche festhielten und die mit diesen Dokumenten als lokale Chronisten der nächsten Generation Kenntnisse vom einstigen Schein und Sein ihrer Stadt vermitteln.

Zu diesen Leuten gehörte Herbert Posmyk. Der heute 88-jährige Architekt erinnert sich an den am Ende verlorenen Kleinkrieg mit dem übermächtigen neuen Staat und seinen Vertretern. Im Protokoll einer Sitzung des SED-Zentralkomitees am 12. Mai 1959 steht: „Es besteht Einmütigkeit im Politbüro, dass beim Wiederaufbau Potsdams ein Teil der alten Gebäude, mit Ausnahme des Schlosses, restauriert werden. Über den Abriss des Schlosses ist in der Stadtverordnetenversammlung ein Beschluss herbeizuführen.“ Dieses Todesurteil wurde von Baufachleuten und dem obersten Denkmalpfleger angefochten. Herbert Posmyk erinnert sich, wie er und 14 weitere Architekten und Bauingenieure ein Telegramm entwarfen und am Vorabend der Sprengung u. a. an DDR-Präsident Wilhelm Pieck, Bauakademie-Präsident Kurt Liebknecht, an die Akademie der Wissenschaften in Moskau und an Frankreichs Außenminister Georges Bidault schickten: „Uns ist keine Stadtplanung bekannt, die den Abriss des Schlosses rechtfertigte.“ Für den Text musste sich die Brigade in einer hochnotpeinlichen Befragung rechtfertigen, Nach drei Stunden untersagte man den „Angeklagten“ jegliche weitere Diskussion über das Schloss: „Wenn nicht, werden wir Wege und Mittel finden, Sie zum Schweigen zu bringen“. Für Herbert Posmyk spricht jetzt seine Exakta-Kamera. „Das Schloss hat mich auch als Ruine beeindruckt, es hatte eine gewisse Patina und strahlte auch während des zweiten Untergangs Größe und Würde aus.“

Der Untergang des Potsdamer Stadtschlosses. Fotografien von Herbert Posmyk (hrsg. von Christian Thielemann). Edition Braus, Berlin. 96 Seiten, ca. 150 Abbildungen, 29,95 Euro
Der Untergang des Potsdamer Stadtschlosses. Fotografien von Herbert Posmyk (hrsg. von Christian Thielemann). Edition Braus, Berlin. 96 Seiten, ca. 150 Abbildungen, 29,95 Euro

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